Robert Watson als Siegmund und Vida Miknevičiūtė als Sieglinde in der Staatsoper. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christophe Gateau/dpa)

Der kurzfristig eingesprungene Dirigent Christian Thielemann ist am Sonntagabend zum Auftakt der neuen «Ring»-Inszenierung der Berliner Staatsoper Unter den Linden frenetisch gefeiert worden. Der 63-Jährige hatte die musikalische Leitung krankheitsbedingt kurzfristig vom Generalmusikdirektor der Staatsoper, Daniel Barenboim, übernommen.

Die Inszenierung von Dmitri Tcherniakov wurde bereits mit dem Schlussvorhang mit «Bravo»-Rufen bedacht. Der russische Regisseur und sein Team ließen sich beim Applaus für die erste von vier Opern nicht blicken. Der Aufwand der Staatsoper war auch gedacht als symbolisches Geburtstagsgeschenk für Barenboim, der im November 80 Jahre alt wird.

Der Wagner-Spezialist Thielemann, noch zwei Jahre Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden, gilt auch als potenzieller Nachfolgekandidat Barenboims, wenn dessen Vertrag 2027 endet.

Vier Premieren in einer Woche

Das «Rheingold» ist Auftakt von Richard Wagners (1813-1883) «Der Ring des Nibelungen». Die vier Premieren innerhalb einer Woche gelten bereits als Höhepunkt der gerade beginnenden Opersaison. Bis Sonntag folgen noch «Walküre», «Siegfried» und «Götterdämmerung». Jenseits von Bayreuth werden bei dieser Mammutarbeit – das Werk umfasst rund 16 Stunden – die Premieren meist auf mehrere Spielzeiten aufgeteilt.

Die Präsentation ist auch dem Konzept Tcherniakovs geschuldet, der mit Barenboim bereits etwa «Parsifal» oder «Tristan und Isolde» realisierte. Der gefeierte Regisseur will die Story vom kaum aufhaltbaren Untergang der Welt in einem Stück erzählt wissen. Er siedelt die Handlung in einem Forschungslabor der Gegenwart an, dessen zahlreiche Räume, Gänge, Keller die verworrene Geschichte Wagners aufzugreifen scheinen.

Dramatik ohne viel Bühnenzauber

Alberich (Johannes Martin Kränzle) ist ein Versuchsproband der Rheintöchter – wie die Kaninchen im Zwischengeschoss. Tcherniakov reduziert auch Wotan (Michael Volle), seine Mitgötter, die Riesen und Zwerge weitgehend auf ihre menschlichen Eigenschaften. Wagners mythische Abgründe bekommen so eine alltägliche Fratze, die Dramatik entwickelt sich ohne viel Tamtam und durchschaubaren Bühnenzauber vor allem aus Libretto, Musik und dem vieldeutigen Spiel der Akteure.

Beim Premierenpublikum kam das gut an. Viele «Bravo»-Rufe und anhaltenden Applaus gab es für die Solisten, neben Kränzle und Volle vor allem für Anna Kissjudit als Erda und Mika Kares in der Rolle des Fasolt. Der Loge von Rolando Villazón traf im Parkett auf geteilte Stimmung. Mit Ovationen gefeiert wurden Thielemann und die Staatskapelle.

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