Robert Habeck spricht bei der Vorstellung der Herbstprojektion der Konjunkturprognose von «ernsten Zeiten». (Urheber/Quelle/Verbreiter: Wolfgang Kumm/dpa)

Die Bundesregierung hat wegen der Energiepreiskrise ihre Konjunkturprognose deutlich gesenkt. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung der Herbstprojektion von «ernsten Zeiten».

Laut Prognose erwartet die Regierung in diesem Jahr nur noch ein kleines Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent, im kommenden Jahr dürfte die Wirtschaft um 0,4 Prozent schrumpfen. Für 2024 wird mit einem Wachstum von 2,3 Prozent gerechnet.

In der Frühjahrsprojektion hatte die Bundesregierung noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,2 Prozent in diesem Jahr und um 2,5 Prozent im nächsten Jahr gerechnet.

«Wir erleben derzeit eine schwere Energiekrise, die sich immer mehr zu einer Wirtschafts- und Sozialkrise auswächst», so Habeck. Auslöser dieser Krise sei der Angriff des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf die Ukraine. Russland hatte Gaslieferungen gestoppt.

Hohe Preise bremsen Produktion und Konsum

Dadurch befänden sich die Energiepreise weiterhin auf einem sehr hohen Niveau, so das Ministerium. Die hohen Preise bremsten die Industrieproduktion. Der Kaufkraftverlust hinterlasse auch Spuren im preisbereinigten privaten Konsum, der im nächsten Jahr rückläufig sein dürfte.

Die Bundesregierung hatte einen Abwehrschirm von bis zu 200 Milliarden Euro angekündigt, um Verbraucher und Unternehmen wegen der stark steigenden Energiepreise zu unterstützen. Davon soll auch die geplante Gaspreisbremse finanziert werden. Diese dämpft laut Prognose Habecks den Anstieg der Verbraucherpreise im kommenden Jahr. Die Bundesregierung rechnet mit einer Inflationsrate von 8,0 Prozent im laufenden Jahr und von 7,0 Prozent im kommenden Jahr.

Lindner: Können mit Entwicklung nicht zufrieden sein

Finanzminister Christian Lindner hat eingeräumt, dass Deutschland wirtschaftlich deutlich schlechter durch die Inflations- und Energiekrise kommt als viele andere Länder. «Deutschland kann nicht zufrieden sein damit, wie wir im nächsten Jahr uns wirtschaftlich entwickeln», betonte der FDP-Politiker am Mittwoch am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in Washington.

«Im Vergleich zu anderen Industrienationen hat Deutschland offensichtlich große Hausaufgaben mitzunehmen aus Washington nach Deutschland», sagte Lindner. «Wir können jedenfalls nicht damit zufrieden sein, dass wir von den Industrienationen jetzt die schwächste wirtschaftliche Entwicklung haben, parallel zu sehr hohen Inflationsraten.»

Dass Deutschland so schlecht durch die Krise komme, liege zwar zum einen an der besonderen energiepolitischen Abhängigkeit und der internationalen Exponiertheit als Exportnation. Zugleich aber gebe es auch «länger bestehende Defizite unserer Wettbewerbsfähigkeit, an denen wir systematisch in den nächsten Jahren werden arbeiten müssen». Dabei gehe es nicht nur um die Industrie, sondern auch um den Mittelstand.

Von