Englands Harry Kane (M) muss weiter auf sein erstes Turniertor warten. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Robert Michael/dpa)

Harry Kane und seine Kollegen klatschten sich nach der tristen Nullnummer gegen die USA emotionslos ab, die Fans auf den Rängen waren hörbar unzufrieden.

Der hochgehandelte Mitfavorit England hat den ersten Dämpfer bei der Fußball-WM kassiert und muss mindestens vier weitere Tage auf den Achtelfinaleinzug warten. «Es war nicht unbedingt unsere beste Leistung. Wir haben einfach nicht den Schlüssel gefunden und können natürlich besser spielen. Aber in der Gruppe ist noch alles drin», sagte Kane.

Das Team von Chefcoach Gareth Southgate konnte in Al-Chaur nicht an das 6:2-Torfest gegen Iran zum Auftakt anknüpfen und wurde von den Fans mit Pfiffen verabschiedet. «Man muss auch mal mit einem Unentschieden zufrieden sein. Wir hätten gedacht, es läuft besser, aber man muss den USA Respekt zollen. Das war ein wirklich harter Gegner», resümierte Kane.

Durch das leistungsgerechte Remis vor 68.463 Zuschauern im Al-Bait Stadion verpassten es die Engländer, sich als erstes Team für die Runde der letzten 16 zu qualifizieren. Vor dem brisanten Briten-Duell im Gruppenfinale am Dienstag (20.00 Uhr) gegen Wales ist die Ausgangslage der Engländer, die auch das dritte WM-Spiel gegen die USA nicht gewinnen konnten, trotzdem exzellent. «Wir haben gute Chancen, unsere Position in der Gruppe ist trotzdem gut», befand Kane.

England reicht ein Punkt, USA gegen Iran unter Druck

Ein Punkt reicht sicher für das Weiterkommen, selbst eine knappe Niederlage würde garantiert reichen. Die USA stehen zeitgleich in dem politisch hochbrisanten Duell mit Iran mehr unter Druck: Nur ein Sieg bringt nach bislang zwei Remis das Ticket für die K.o.-Runde. Bei einem dritten Remis oder einer Niederlage wäre das Turnier für die US-Auswahl um Christian Pulisic vorzeitig beendet. «Die Arbeit ist noch nicht getan. Wir müssen am Dienstag gewinnen», sagte US-Coach Gregg Berhalter.

Ein sichtbares Signal gegen das FIFA-Verbot der bunten Kapitänsbinde, wie die Hand-vor-dem-Mund-Geste der DFB-Elf, gab es von den Three Lions nicht – zumindest nicht auf dem Rasen. Kane und seine Teamkollegen knieten wie üblich als Zeichen gegen Rassismus, dazu beleuchtete der Verband FA am Abend das Wembley-Stadion in London in Regenbogenfarben. Den Verbänden waren von der FIFA sportliche Sanktionen angedroht worden, wenn sie die mehrfarbige Binde mit dem Schriftzug «One Love» trugen. Daraufhin zogen alle Verbände kurzfristig zurück.

Kane weiter ohne Turniertor

Auf dem Rasen knüpfte England zunächst an den famosen Start vom Montag an. Auf der rechten Seite mit Kieran Trippier und Bukayo Saka ergaben sich in der Offensive immer wieder Räume. Captain Kane, der immer noch auf sein erstes Turniertor warten muss, wurde zunächst bei einem Schuss geblockt und später bei dem Versuch eines Seitfallziehers rechtzeitig gestört. Kanes Rolle war wie schon im ersten Spiel auffällig: Der 29-Jährige von Tottenham Hotspur, der bei der WM Wayne Rooney als Englands Rekord-Torschütze ablösen kann, ließ sich immer wieder zurückfallen und spielte wie ein verkappter Zehner. Viele Angriffe liefen über ihn.

Doch die USA leistete wesentlich mehr Gegenwehr als Auftaktgegner Iran – und traute sich auch offensiv mit zunehmender Spieldauer mehr. Berhalter entschied sich für ein offensives 4-3-3, in dem Haji Wright den Ex-Bremer Josh Sargent in der Startelf ersetzte.

Pulisic trifft mit wuchtigem Schuss nur die Latte

Doch die gefährlichen Szenen entstanden durch das sehr präsente US-Mittelfeld um Kapitän Tyler Adams. Weston McKennie (26.) schoss per Direktabnahme über das Tor, Pulisic näherte sich im direkten Duell mit seinen Premier-League-Kollegen noch mehr an: Sein ansatzloser und wuchtiger Schuss donnerte gegen die Latte.

Das Remis zur Halbzeit war leistungsgerecht, nachdem Pulisic per Kopf und Englands eigentlicher Spielmacher Mason Mount kurz vor der Pause weitere Chancen vergaben. Mounts scharfen Schuss parierte US-Keeper Matt Turner exzellent. Nach dem Wechsel blieben die USA weiter mutig und aggressiv.

England hatte trotz vieler Ballbesitzphasen Mühe, gefährlich vor das Tor zu kommen. Auch die US-Fans machten sich in dem gut gefüllten Stadion bemerkbar und feuerten ihr Team lautstark an. Englands Torhüter Jordan Pickford wurde immer wieder geprüft, so auch nach einer der vielen Pulisic-Ecken, die er gerade so entschärfen konnte.

Patrick Reichardt und Christian Kunz, dpa

Von