Karotten und Zwiebeln stehen an einem Obst- und Gemüsestand auf einem Wochenmarkt zum Verkauf. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hauke-Christian Dittrich/dpa)

Kleiner Lichtblick für Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland: Erstmals seit Juli hat sich die Inflation wieder etwas abgeschwächt. Die Verbraucherpreise stiegen im November gegenüber dem Vorjahresmonat um 10 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in einer ersten Schätzung mitteilte. Zuvor war die Jahresteuerungsrate drei Monate in Folge gestiegen und hatte im Oktober einen Wert von 10,4 Prozent erreicht.

Volkswirte sehen allerdings keinen Grund zur Entwarnung, auch weil viele Versorger für Januar deutlich höhere Strom- und Gaspreise angekündigt haben. Gegenüber Oktober sanken die Verbraucherpreise im November um 0,5 Prozent.

Ob der Höhepunkt der Inflation bereits erreicht ist, ist aus Sicht von Ökonomen fraglich. Manche Volkswirte rechnen erst um den Jahreswechsel damit.

Kaufkraftverluste durch Inflation

Angeschoben wird die Teuerung in Europas größter Volkswirtschaft seit Monaten von hohen Energie- und Lebensmittelpreisen. Energie kostete im November den vorläufigen Zahlen zufolge 38,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Preise stiegen damit weniger stark als im Oktober (plus 43 Prozent). Nahrungsmittel verteuerten sich im November um 21 Prozent. «Für untere Einkommensgruppen stellt dies eine immense Belastung dar und zeigt, wie hoch die sozialen Kosten der Inflation sind», erläuterte Ulrike Kastens, Volkswirtin Europa der Fondsgesellschaft DWS.

Die hohe Inflation führt zu Kaufkraftverlusten und entwertet die Gehälter immer stärker. Im dritten Quartal waren die Einkommen zwar nominal 2,3 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Der Zuwachs wurde aber von den gestiegenen Verbraucherpreisen mehr als aufgezehrt. Unter dem Strich ergab sich ein realer, also um die Preisentwicklung bereinigter Lohnverlust von 5,7 Prozent. Dies war der höchste Rückgang seit Einführung der Statistik 2008. Bereits in den drei Quartalen zuvor hatten die Menschen Reallohneinbußen hinnehmen müssen.

Einer Umfrage zufolge schnallen viele Menschen wegen der steigenden Preise den Gürtel enger. Gut die Hälfte der Verbraucherinnen und Verbraucher kauft nach eigenen Angaben nur noch Produkte, die wirklich benötigt werden, wie das Marktforschungsunternehmens Nielsen IQ gestützt auf eine Umfrage unter mehr als 10 000 Personen berichtete.

Bundesregierung will hohe Preise abfedern

Eine durchgreifende Entspannung bei der Inflation ist nach Einschätzung von Volkswirten vorerst nicht in Sicht. Erst ab dem Frühjahr dürfte die Inflationsrate deutlich sinken, weil dann die Gas- und Strompreisbremsen greifen und der Inflationsbeitrag des Öls nachlässt, wie Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer argumentiert.

Die Bundesregierung will mit milliardenschweren Paketen die Belastungen für Verbraucher und Unternehmen durch die hohen Energiepreise abfedern. Dazu zählen auch die ab kommendem Jahr geplanten Gas- und Strompreisbremsen. Im Dezember gibt es eine einmalige Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden.

Die Fondsgesellschaft DWS rechnet um den Jahreswechsel mit den höchsten Inflationsraten in Deutschland, «da auch im Dezember Preiserhöhungen für Gas und Strom anstehen und auch viele Unternehmen nochmals ihre Preise wegen der höheren Kosten anheben werden». Im kommenden Jahr sollten dann Gas- und Strompreisbremsen für eine gewisse Entlastung sorgen. «Doch bei einer von uns erwarteten durchschnittlichen Inflationsrate von 7 Prozent im kommenden Jahr dürfte dies für den Verbraucher nicht wirklich spürbar sein», sagte DWS-Volkswirtin Ulrike Kastens.

EZB greift mit Zinserhöhungen ein

Teuerungsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern wurden Raten von 10 Prozent und mehr Anfang der 1950er Jahre gemessen, allerdings hat sich die Berechnungsmethode im Laufe der Zeit geändert.

Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich nach längerem Zögern mit kräftigen Zinserhöhungen gegen die Rekordinflation im Euroraum. Die Währungshüter streben für den gemeinsamen Währungsraum der 19 Länder mittelfristig Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von zwei Prozent an. In Deutschland lag der für die Geldpolitik der Notenbank maßgebliche Index HVPI im November um 11,3 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats.

Von Friederike Marx, dpa

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