Angesichts der andauernden Energiepreiskrise fordert DGB-Chefin Yasmin Fahimi die Schaffung einer staatlichen Möglichkeit für Direktzahlungen an Bürgerinnen und Bürger. «Insbesondere für die kleinen und mittleren Einkommen brauchen wir unmittelbare, zielgenaue Direktzahlungen», sagte Fahimi der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
«Nach Aussage des Finanzministers benötigen die Finanzämter aber noch anderthalb Jahre, um Steuer-Identitätsnummern mit den Kontoverbindungsdaten zusammenführen zu können», sagte Fahimi. Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP die Entwicklung eines Mechanismus` für direkte Zahlungen angekündigt – und zwar für ein Klimageld als Ausgleich von steigenden CO2-Preisen. Nach einer Kabinettsklausur hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) im Sommer aber gesagt, dass es mindestens 18 Monate dauere, um die notwendigen Daten für solche Direktzahlungen an alle Bürgerinnen und Bürger zusammenzutragen.
Schnelleres Tempo laut Fahimi durchaus möglich
Fahimi kritisierte: «Ich finde das wenig nachvollziehbar. Was der Deutschen Rentenversicherung in wenigen Monaten gelingt, dafür brauchen die Finanzämter Jahre?» Die DGB-Chefin spielte dabei auf den Grundrentenzuschlag an, die die Rentenversicherung nach einer Einkommensprüfung mit Hilfe der Finanzbehörden auszahlt. Zudem hatte die Rentenversicherung auch eine Energiepreispauschale ausgezahlt.
Die 2022 beschlossenen Energiepreisbremsen bewertete Fahimi zweigeteilt. «Die Entlastungen für die Privathaushalte sind zweifellos ein großer Erfolg», sagte Fahimi. Noch sei allerdings nicht klar, ob das für das ganze Jahr 2023 ausreiche.
«Enttäuscht bin ich allerdings über die mangelnde Arbeitsplatz- und Standortsicherung», sagte die Gewerkschaftschefin. «Im parlamentarischen Verfahren ist eine gute Verständigung verschlechtert worden durch unsachgemäße Randbedingungen, die aus meiner Sicht faktisch der Ausschalter für insbesondere die mittelständische Industrie bedeuten.»
Fahimi erläuterte: «Unser Vorschlag war, dass es ab einer staatlichen Zuwendung von mehr als zwei Millionen Euro als Kompensation für hohe Energiepreise zwingend eine Standort- und Arbeitsplatzsicherungsvereinbarung für die Beschäftigten geben muss – und zwar verbindlich mit uns abgeschlossen.» Beschlossen worden sei dagegen, dass bei Zuwendungen über 50 Millionen Euro keinerlei Boni und Dividenden mehr gezahlt werden dürfen. «Das hört sich gerecht an, führt faktisch aber dazu, dass die Unternehmen diese Unterstützung nicht annehmen, wenn sie an Dividendenzusagen gebunden sind oder neues Kapital für Investitionen benötigen.» Dies sei «ein Riesenproblem».
Energiepreisbremsen «Teil unserer Erfolgsgeschichte»
Insgesamt sehe sie die Umsetzung der Energiepreisbremsen «als Teil unserer Erfolgsgeschichte von 2022», sagte die DGB-Chefin. «Wir haben die Deckelung der Energiepreise schon zu einer Zeit gefordert, als viele noch erklärten, so etwas wäre nicht umsetzbar.»
Gefordert habe der DGB, die inflationstreibende Preisexplosion im Energiesektor zu stoppen, Anreize zum Energiesparen zu setzen und Standorte und Arbeitsplätze zu sichern. «Mit Blick auf die ersten beiden Ziele sage ich: Da ist viel gelungen, wenngleich die Belastungen für Privathaushalte immer noch hoch bleiben.» Besorgt sei sie darüber, dass es an der Sicherung von Arbeitsplätzen und Industriestandorten mangele.