Ein Ticketautomat an einer Haltestelle der U-Bahn in Stuttgart-Sillenbuch. Der Apparat spuckt noch Papiertickets aus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Weißbrod/dpa)

Wann immer es nun kommt, das 49-Euro-Ticket: Als rascher Nachfolger für seinen 9-Euro-Vorgänger aus dem vergangenen Sommer ist das Verkehrsangebot längst zu spät dran. Die Verkehrsbranche hält einen Start zum 1. Mai für realistisch, wie die Chefs des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) am Dienstag erneut bekräftigten. Doch es gibt Zweifel, dass selbst dieser späte Termin zu schaffen ist – etwa von Bremens Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne).

Das liegt zum einen an Dingen, die die Branche kaum beeinflussen kann, wie die noch ausstehende Zustimmung der EU-Kommission. Es liegt aber auch an der zerklüfteten Struktur des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Deutschland, die viele Fragen verkompliziert.

VDV: Papierlösung als Übergang

Beispiel Digitalisierung: Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will, dass das 49-Euro-Abo für den Regionalverkehr ausschließlich digital angeboten und auch kontrolliert wird. Chipkarten oder Handytickets sind denkbar. Doch längst nicht alle der zahlreichen Verkehrsverbünde in Deutschland können diese Möglichkeit anbieten. «In vielen Verbundräumen kriegen Sie noch jeden Monat den Papierschnipsel», sagte VDV-Präsident Ingo Wortmann am Dienstag.

Und selbst Verbünde mit eigenen Apps böten oft nicht die Möglichkeit, auch ein Abo übers Handy abzuschließen. Da brauche es entsprechende Updates. Aus Sicht des VDV-Präsidenten ist deshalb zumindest bis Ende des Jahres für das 49-Euro-Abo auch eine Papierticket-Lösung notwendig. «Wir wären sonst zu Beginn nicht in der Lage, allen Menschen, die ein Ticket wollen, eines zu verkaufen», betonte er.

Das könne auch bedeuten, dass die Kundendaten digital bei den Verbünden hinterlegt seien und die Abonnentinnen und Abonnenten vorübergehend ein Papierticket ausgestellt bekommen. Es brauche dann eine bundesweit einheitliche Lösung mit Chipkarten oder Handytickets.

Droht ein Flickenteppich?

Ein weiteres Beispiel ist die Genehmigung der Tarife. «Im ÖPNV können wir nur mit genehmigten Tarifen fahren», erläuterte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff. «Die erfolgt in aller Regel regional durch die Regierungspräsidien.» Der Verband fordert eine bundesweit einheitliche Genehmigung. Sonst drohe ein Flickenteppich. «Wir wollen auf gar keinen Fall, dass es irgendwelche Räume gibt, in denen das Ticket gar nicht gilt, oder auch nicht verkauft werden kann, weil es an der Tarifgenehmigung scheitert», betonte Verbandspräsident Wortmann.

Durch die zahlreichen und unterschiedlich großen Verkehrsverbünde verkompliziert sich darüber hinaus auch die Aufteilung der Einnahmen. Der VDV geht in ersten Prognosen davon aus, dass mehr als elf Millionen ÖPNV-Abokunden ihren Tarif ändern und auf das günstige 49-Euro-Ticket wechseln werden. Daraus entstehen den Unternehmen Verluste, die im ersten Jahr der Bund ausgleichen wird.

Doch dann wird es auch um die Frage gehen, wie die ungleichen Einnahmen aus dem Verkauf des 49-Euro-Tickets unter den Unternehmen aufgeteilt werden können. Schließlich dürften große Verbünde oder die Deutsche Bahn mit gut funktionierenden digitalen Angeboten deutlich mehr Tickets verkaufen als ein kleiner Verbund ohne eigene App.

Klärung von Fragen braucht Zeit

Die Klärung all dieser Fragen kostet viel Zeit. Nicht alle werden zum Start des Tickets geklärt oder gelöst sein. Der stellvertretende Unions-Fraktionschef Ulrich Lange äußerte gar die Befürchtung, dass das Vorhaben in der geplanten Form noch gänzlich scheitern könnte. «Die Länder werden am Ende eigene Lösungen finden», sagte er der «Augsburger Allgemeinen». Damit rücke der Wunsch der Ampelregierung nach einem bundesweiten, bezahlbaren ÖPNV-Ticket in weite Ferne. «So wird das 49-Euro-Ticket ganz schnell zum Mogelticket», sagte der CSU-Politiker.

Der VDV gibt sich deutlich zuversichtlicher. An den eigenen Herausforderungen arbeite die Branche mit Hochdruck, betonten Wolff und Wortmann. Doch auch die Bundesregierung müsse noch liefern. Es fehle neben der Zustimmung der Kommission auch noch eine Änderung des Regionalisierungsgesetzes.

Von Matthias Arnold, dpa

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