Vor der Zentrale in Bonn gibt es sie bereits: eine Poststation. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Oliver Berg/dpa)

Es gibt sie noch, die gute alte Postfiliale. Etwas versteckt am Ende der Außentreppe bei der Bonner Post-Zentrale gelegen, erinnert der gelbe Verkaufsraum an früher: samstags bis 12 Uhr geöffnet, sonst bis 17 Uhr. Ähnlich knapp bemessen waren die Öffnungszeiten auch in den 90ern, als die Bundespost privatisiert wurde.

So viel zur Vergangenheit und Gegenwart. Die Zukunft sieht anders aus, sie ist direkt vor der Bonner Filiale zu sehen: Dort steht eine «Poststation» – ein Automat, an dem Pakete abgeholt und abgegeben, Briefmarken gekauft und Briefe eingeworfen werden können. Solche Automaten wird es künftig aller Voraussicht nach mehr geben.

100 Poststationen sind es bisher in Deutschland, Tendenz steigend. Sie stehen in Städten wie Bonn oder Bayreuth und in Gemeinden wie Bendestorf (Niedersachsen) und Illerrieden (Baden-Württemberg). Im Vergleich zu den 13.000 Packstationen, die nur für Pakete konzipiert sind, ist diese Automatenart noch in den Anfängen.

Eine Filiale ab 2000 Einwohnern

Das Bundeswirtschaftsministerium hat unlängst ein Eckpunktepapier vorgelegt, in dem Vorschläge zur Reform des völlig veralteten Postgesetzes enthalten sind. Das Gesetz enthält Pflichten, an die sich die Post als sogenannter Universaldienstleister zu halten hat. Die Vorgaben stammen aus dem Jahr 1999 – aus einer Zeit, als viele Bundesbürger noch ausgiebig Briefe schrieben und Emails bestenfalls vom Hörensagen kannten. Seit damals ist vorgeschrieben, dass die Post in jeder Gemeinde mit mehr als 2000 Einwohnern mindestens eine Postfiliale haben muss. Bei mehr als 4000 Einwohnern darf die Verkaufseinrichtung nicht weiter entfernt sein als zwei Kilometer.

Bei der Erfüllung dieser Pflicht hat die Post ihre Mühe. Nach Angaben der Bundesnetzagentur gab es bundesweit zuletzt etwa 140 Standorte, wo die Post sein müsste, es aber nicht ist – gut ein Prozent der Pflichtstandorte sind das. Das Defizit liegt häufig daran, dass ein Kiosk oder ein kleiner Supermarkt dichtgemacht hat – solche Geschäfte gelten als Postfiliale, wenn der gelbe Riese darin einen Schalter hat. Im Zuge des Strukturwandels auf dem Land geben immer mehr Einzelhändler auf. Dadurch hat die Post weniger externe Helfer, die in ihrem Auftrag Dienstleistungen anbieten. Das setzt den Konzern in Sachen Filialpflicht unter Druck.

Und nun kommen die Automaten ins Spiel. Sie sind für die Erfüllung der Filialnetz-Pflicht bisher nicht relevant. Künftig aber sollen «digitale und automatisierte Lösungen» im Rahmen des Universaldienstes «angemessen berücksichtigt werden», wie es in dem vage formulierten Eckpunktepapier des Ministeriums heißt. Jederzeit verfügbare Automaten könnten «den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer entsprechen».

Post gibt sich zurückhaltend

Würden künftig Automaten angerechnet für die Filialpflicht, wäre das eine Erleichterung für die Post. Wie genau die Reform ausgehen und die überarbeitete Filialpflicht aussehen wird, ist zwar noch offen. Klar ist aber: Der Gesetzgeber hat das Automatenthema auf dem Schirm.

Wäre die Gesetzesänderung ein Schritt zu einem Automaten-Filialnetz? Ein Post-Sprecher äußert sich zurückhaltend. Einerseits verweist er darauf, dass Automaten in vielen Bereichen längst ein unverzichtbarer Bestandteil geworden seien, etwa beim Fahrkartenkauf oder bei der Bargeldabhebung. «Auch im Postbereich ist es so, dass häufig nachgefragte Dienstleistungen wie der Kauf von Brief- und Paketmarken oder der Versand von Briefen und Paketen einfach und bequem über automatisierte Einrichtungen abgewickelt werden können.» Andererseits betont er, dass man weiter «auf personenbediente Formate» setze.

Gleichzeitig wolle man auch hybride Formate erproben, zum Beispiel Automaten mit Beratung per Video-Chat. Damit bezieht er sich auf die Poststation, wo die Video-Beratung bald möglich sein soll.

Aus dem Bundestag kommen positive Signale zu dem Teil der Reform. Solche Automaten seien für Verbraucher sinnvoll, sagt der Liberale Reinhard Houben. Auch der Sozialdemokrat Sebastian Roloff zeigt sich offen, und der CSU-Politiker Hansjörg Durz sagt, man wolle sich den digitalen Fortschritten nicht entgegenstellen. Der AfD-ler Uwe Schulz wertet digitale Lösungen «als wichtig und erforderlich».

Sozialverband VdK warnt

Allerdings schränken die Politiker ihre grundsätzlich positive Haltung ein. Der Linke Pascal Meiser sagt, digitale Lösungen könnten «das Filialnetz ergänzen, aber keineswegs ersetzen, wenn man nicht ganze Bevölkerungsgruppen ausgrenzen will». Der SPD-ler Roloff spricht ebenfalls von einer «Ergänzung im Filialnetz» und betont, dass «eine hochwertige Postversorgung in der Fläche gewährleistet sein muss». Der Christsoziale Durz will die konkrete Ausgestaltung genau prüfen, «da ein persönlicher Ansprechpartner für viele Menschen weiterhin sehr wichtig ist».

Kritik an den Vorschlägen des Ministeriums kommt vom Sozialverband VdK. Der warnt davor, das Filialnetz auszudünnen und stattdessen verstärkt auf Automaten zu setzen. Diese seien für Rollstuhlfahrer, Kleinwüchsige und Menschen mit Sehbehinderungen nicht nutzbar, sagt ein Verbandssprecher. Ein dichtes Netz an Filialen sei wichtig, damit alle Menschen im Sinne der Inklusion ihre Postgeschäfte selbstständig erledigen könnten. Zudem könne älteren Menschen die Automatennutzung nicht zugemutet werden, da sie Beratung bräuchten. Eine wohnortnahe Versorgung sei wichtig, betont der VdK. Auch der Landkreistag ist wenig begeistert und fordert, lieber die bisherige Strategie von Kooperationen zwischen der Post und Gewerbetreibenden zu stärken.

In der Reform soll bis zum Sommer ein erster Gesetzesvorschlag vorliegen, Ende 2023 könnte die Novelle abgeschlossen sein. Je nach Ausgang der Änderungen könnten danach die Weichen gestellt sein für einen verstärkten Einsatz von Postautomaten in Deutschland.

Von Wolf von Dewitz, dpa

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