Eine Passagiermaschine der Lufthansa rollt auf dem Flughafen Frankfurt zu ihrer Startposition. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Boris Roessler/dpa)

Lufthansa-Chef Carsten Spohr will den Passagieren gar nicht allzu große Hoffnungen auf einen reibungslosen Sommer machen. «Den echten Flaschenhals werden wir bei den Flughäfen haben», sagt der Lufthansa-Chef bei der Vorstellung der Unternehmensbilanz 2022 in Frankfurt.

Seinem Unternehmen geht es nach überstandener Corona-Krise und zurückerstatteten Staatshilfen immer besser, die Aussichten sind angesichts knapper Flugzeuge und starker Nachfrage eigentlich blendend. Doch im Kernmarkt Deutschland, der noch für ein rundes Drittel des Konzernumsatzes steht, hakt es wegen fehlendem Personal und dem vom Militär beanspruchten knappen Luftraum.

Lufthansa hat ihren Sommerflugplan bereits zusammengestrichen und werde dies auch noch einmal tun, wenn die Systempartner absehbare Probleme meldeten, sagte Spohr. Auch wenn die Konzerndrehkreuze außerhalb Deutschlands wieder voll leistungsfähig seien, plant der Konzern nur 85 bis 90 Prozent seiner Kapazität von 2019. Lufthansa bleibt damit hinter Konkurrenten wie Air France-KLM und der British-Airways-Mutter IAG zurück, setzt nach Spohrs Worten damit aber vor allem auf einen stabilen Betrieb. Das Vorkrisen-Niveau werde voraussichtlich frühestens Ende nächsten Jahres erreicht.

Lufthansa will jeden Monat rund 1000 Leute einstellen

Schon zur Osterreisewelle hängt für Lufthansa vieles an den Flughäfen in München und Frankfurt. Die Betreiber haben weiterhin Schwierigkeiten, ausreichend Personal für die schwere Arbeit in den Terminals zu finden. Vielleicht solle man auf Anforderungen zu Deutschkenntnissen verzichten, schlägt Spohr vor. Schließlich komme man im Luftverkehr mit Englisch klar. Der MDax-Konzern selbst hat ebenfalls noch nicht genug Menschen an Bord, will aber jeden Monat rund 1000 Leute einstellen, um am Jahresende mit einem Netto-Zuwachs von rund 6000 auf 115.000 Beschäftigte zu kommen.

Die Gewerkschaft Verdi mahnt, dass sich viele erfahrene Kräfte mit Kündigung und Ruhestand beschäftigten, während die neuen noch nicht ausreichend ausgebildet seien. Zur Befriedung schlägt Verdi-Konzernbetreuer Marvin Reschinsky vor, an jede und jeden 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie zu zahlen, um ein weiteres Krisenjahr abzuwenden. Spohr lehnt die Sonderzahlung ab. Stattdessen zahle Lufthansa Gehaltssteigerungen oberhalb der Inflation, schließlich wolle man die besten Leute der Branche. «Schöne Flugzeuge und Sitze haben vielleicht auch andere, Lufthanseaten haben nur wir.»

Der Vorstandschef kritisiert die fortwährenden Streiks auch außerhalb seines Unternehmens. «Es fängt an, ein echter Standortnachteil zu werden.» Lufthansa sei stärker von Arbeitskämpfen getroffen als jede andere Airline, ohne in Deutschland durch einschlägige Regelungen geschützt zu sein. Spohr wünscht sich längere Ankündigungsfristen vor Streiks, ebenso Notdienstvereinbarungen und eine zwingende Schlichtung. Er sei aber skeptisch, ob das in Deutschland schnell umsetzbar sei, sagt der gerade bis 2028 bestellte Lufthansa-Chef.

Zurück in die schwarzen Zahlen

Nach zwei herben Verlustjahren in der Corona-Krise ist die Lufthansa 2022 in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt. Vor allem die Rekordergebnisse bei Fracht und Wartung bescherten dem Konzern im Tagesgeschäft einen Gewinn (bereinigtes Ebit) von gut 1,5 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor hatte er mit 1,7 Milliarden in den roten Zahlen gesteckt – die Abfindungen für den Abbau vieler Tausend Stellen noch nicht mitgerechnet.

Insgesamt beförderten die Konzern-Gesellschaften Lufthansa, Eurowings, Swiss, Austrian und Brussels im vergangenen Jahr rund 102 Millionen Fluggäste und damit mehr als doppelt so viele wie 2021. Der Konzernumsatz verdoppelte sich nahezu auf 32,8 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 791 Millionen Euro nach 2,2 Milliarden Verlust im Jahr zuvor.

Allerdings gelang im Passagiergeschäft nur den Töchtern Swiss und Austrian im Gesamtjahr die Rückkehr in die Gewinnzone. Mit den Problemen an den deutschen Drehkreuzen landete die Kern-Airline Lufthansa bei einem operativen Verlust von 466 Millionen Euro. Spohr erwartet nun, dass 2023 auch Lufthansa und der Billigflieger Eurowings die Gewinnschwelle knacken.

Gewinnanstieg soll aus dem Passagiergeschäft kommen

Konzernweit soll der operative Gewinn den von 2022 deutlich übertreffen. Dies bedeute mehr als die gut 1,6 Milliarden Euro, die Analysten bislang erwarten, verriet Finanzvorstand Remco Steenbergen augenzwinkernd. Schon 2022 hatte der Konzern seine anfänglichen Erwartungen letztlich deutlich übertroffen.

Im neuen Jahr muss der Gewinnanstieg aus dem Passagiergeschäft kommen. Aus Sicht der Lufthansa scheinen die Voraussetzungen dafür zu stimmen. Die Buchungslage für Ostern und die darauffolgenden Monate sei stark. Und im ersten Quartal dürften die Ticketpreise ähnlich wie seit vergangenem Sommer etwa 20 Prozent über dem Vergleichswert aus dem Vorkrisenjahr 2019 liegen. Im Frühsommer werde dieser Wert noch steigen.

An der Börse kamen die Nachrichten gut an: Die Aktie der Lufthansa legte um mehr sechs Prozent zu, ihr Börsenwert erreichte rund 12,5 Milliarden Euro. Nur im Jahr 2017 sei die Marktkapitalisierung höher gewesen, sagte Spohr. Trotz des Jahresgewinns sollen die Aktionäre keine Dividende erhalten. Eine Ausschüttung solle es erst für 2023 geben, sagte der Finanzchef.

Von Christian Ebner, dpa, und Steffen Weyer, dpa-AFX

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