Ungeachtet von Protesten aus der Bevölkerung und Ablehnung durch die Landesregierung sind erste Arbeiten für den geplanten Bau von zwei weiteren Terminals für Flüssigerdgas (LNG) östlich von Rügen angelaufen. Wie ein Sprecher des Energiekonzerns RWE (Essen) am Sonntag mitteilte, handelt es sich dabei «lediglich um Erkundungsarbeiten». Diese seien vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee genehmigt worden.
Das Umweltministerium in Schwerin zeigte sich überrascht. Nach dessen Angaben sollten mit Rücksicht auf die Laichzeit alle Arbeiten in dem Küstengebiet, das als Kinderstube des Herings gilt, bis Mai unterbleiben. Zudem dringt das Land beim Bund darauf, die bisherigen Pläne für Rügen aufzugeben.
Schwimmende LNG-Terminals in Nord- und Ostsee
Mit Hilfe schwimmender LNG-Terminals in Nord- und Ostsee will die Bundesregierung den Ausfall russischer Gaslieferungen im Zuge des Ukrainekriegs kompensieren. Das erste Terminal war bei Wilhelmshaven (Niedersachsen) in Betrieb gegangen, ein weiteres, privat finanziertes bei Lubmin in Vorpommern.
Nach anfänglicher Unterstützung lehnt die rot-rote Landesregierung in Schwerin, aufgeschreckt auch durch vehementen Widerstand auf der Insel Rügen, inzwischen den vom Bund geplanten Bau weiterer Terminals etwa fünf Kilometer vor dem Badeort Sellin ab. Erst am Freitag hatte Ministerpräsidentin Manuaela Schwesig (SPD) ihre Kritik untermauert und Alternativen gefordert. Auch müsse der Bund zunächst die Frage klären, ob zusätzliche Terminals vor Rügen überhaupt noch erforderlich seien. Umweltverbände verneinen dies.
Wie der RWE-Sprecher betonte, finden die aktuellen Arbeiten im Rahmen des Projektes «Ostsee LNG» statt, das im Auftrag der Bundesregierung von RWE als Dienstleister umgesetzt werde. Für die Erkundungsarbeiten seien zwei Spezialschiffe im Einsatz. «Es ist üblich, dass bei Offshore-Projekten vorlaufend eine sorgfältige Prüfung der Bodenbeschaffenheit und des Untergrunds erfolgt. Dies umfasst auch die Prüfung auf möglicherweise noch im Boden liegende alte Weltkriegsmunition», hieß es in der Mitteilung.
Deutsche Umwelthilfe legt Widerspruch ein
Laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) war die Offshore-Arbeitsplattform «JB119» am Samstag vor Sellin eingetroffen. Zudem sei der Schwimmbagger «Swarog» in den Küstengewässern aktiv, der schon mehrfach bei der Munitionssuche zum Einsatz gekommen sei. Die DUH hatte nach eigenen Angaben daraufhin beim zuständigen Bergamt Stralsund Widerspruch gegen die Arbeiten eingelegt.
Nach bisherigen Plänen sollen in der Ostsee vor Sellin zwei schwimmende Flüssigerdgas-Terminals installiert werden. Das mit Tankschiffen angelieferte Flüssigerdgas soll dort wieder in Gas umgewandelt und per Pipeline, die noch durch den Greifswalder Bodden verlegt werden soll, nach Lubmin auf dem Festland transportiert werden. Lubmin als früherer Anlandepunkt für russisches Erdgas aus der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 ist bereits an das europäische Verteilnetz angebunden. Dort betreibt die Deutsche Regas seit Mitte Januar bereits ein LNG-Terminal.