Auf Twitter schreibt er unter dem Namen El Hotzo zig satirische Nachrichten pro Tag und ist damit ziemlich erfolgreich. Seine Tweets, in denen er sich über den Kapitalismus, die politischen Parteien oder eine vermeintliche deutsche Leitkultur lustig macht, werden von mehreren Hunderttausend Menschen gesehen. Auf Instagram folgen ihm 1,3 Millionen.
Jetzt hat Sebastian Hotz, so der bürgerliche Name des 27-Jährigen, einen Roman geschrieben. «Mindset» ist im Prinzip eine Fortführung seines Twitter-Accounts und versammelt eine ganze Reihe witziger Alltagsbeobachtungen.
Das funktioniert auch in der längeren Form. Gerahmt werden die Witze von einer Geschichte über ein paar junge Männer, die versuchen, ihr Leben zu optimieren, und dabei einem bizarren Internet-Coaching verfallen.
Fahrrad «das niedrigste Glied in der Nahrungskette des Individualverkehrs»
Im Zentrum steht Maximilian Krach, ein junger Mann, der auf den ersten Blick recht erfolgreich ist. Er fährt teure Autos, trägt große Uhren und gibt sein Wissen in Selbstoptimierungs-Kursen weiter, die er über Instagram vermarktet. «GENESIS EGO» heißt seine Marke, und dahinter steckt die Idee, dass das richtige «Mindset» jedem Menschen zum Erfolg verhelfen könne. Erfolgreiche Menschen sind in dieser Theorie Wölfe, andere Menschen Schafe (oder «Lowperformer»). Und ein Fahrrad zum Beispiel «das niedrigste Glied in der Nahrungskette des Individualverkehrs».
Eines Tages werden Krachs Posts in den Instagram-Feed von Mirko gespült, der von seiner Tätigkeit in der IT eines mittelgroßen Unternehmens in Gütersloh äußerst gelangweilt ist. Er lässt sich von Krachs Ideen zur Selbstoptimierung anstecken und taucht ein in die Welt dieser jungen Männer, die alle die gleichen Slim-Fit-Anzüge tragen und am liebsten über Rennwagen reden.
Doch irgendwann geraten Störfaktoren in ihr Leben. Zwei Frauen bringen an unterschiedlichen Stellen der Geschichte die scheinbar so durchoptimierten Abläufe der «GENESIS EGO»-Anhänger ins Wanken.
Genüsslich seziert der Erzähler in «Mindset» die häufig tristen Alltagswelten der Protagonisten. Viele der Beobachtungen wären vermutlich auch als Tweet erfolgreich, etwa diese über unsere Arbeitswelt: «Die Industrialisierung brachte uns einen zerstörten Planeten, die komplette Entfremdung von unseren Mitmenschen und eine unübersichtlich große Auswahl an Puddinggeschmacksrichtungen, doch sie ersparte uns keine einzige Minute Arbeit.»
Roman gegen neoliberale Leistungsgesellschaft
Hotz kann dabei auch aus eigenen Erfahrungen schöpfen. Aufgewachsen ist er in Franken, inzwischen lebt er in Berlin. Vor seiner Tätigkeit als Autor und unter anderem Gag-Schreiber für das «ZDF Magazin Royale» absolvierte er in Nürnberg ein duales Studium. Das setzte sich aus BWL plus Ausbildung als Industriekaufmann bei Siemens zusammen, wie sein Verlag informiert.
Mit «Mindset» ist ihm nun mehr als eine Aneinanderreihung von Punchlines gelungen. Er hat einen Roman geschrieben, der gegen die Selbstoptimierung und eine neoliberale Leistungsgesellschaft wettert, dabei aber empathisch auf seine Protagonisten schaut. Niemand wird als plumper Bösewicht dargestellt, das tut der Geschichte gut. Manchmal fehlt den Charakteren die Tiefe – trotzdem will man wissen, wie es mit ihnen weitergeht.