Schauspielerin Erika Pluhar im Januar 2024 in Köln. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Erika Pluhar hat sich nie zur Ruhe gesetzt. Die österreichische Schauspielerin, Sängerin und Autorin tritt mit Lesungen und Chansonabenden auf, nebenbei schreibt sie stetig an neuem Material. Am 28. Februar feiert die Wiener Künstlerin mit der markanten rauchigen Stimme ihren 85. Geburtstag. «Das Alter ist schon auch eine Zumutung», stellt Pluhar im Interview der Deutschen Presse-Agentur klar, und fügt sofort hinzu: «Da steckt aber das Wort „Mut“ drinnen.»

Derzeit liest Pluhar immer wieder aus ihrem jüngsten Buch «Gitti», in dem sie die Kindheit und Jugend ihrer heute demenzkranken Schwester erzählt. Vor dem Hintergrund der Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten seien die Menschen empfänglicher für ein Buch, das im und nach dem Zweiten Weltkrieg spielt, sagt sie. Die 1939 geborene Pluhar hat ihre eigenen Erinnerungen an diesen Krieg nie vergessen. «Ich kann jetzt noch keine Sirene hören. Das fährt mir jetzt noch tief ins Herz», erzählt sie in ihrem Haus am hügeligen Stadtrand von Wien. Bei Kriegsnachrichten im Fernsehen wechselt Pluhar immer schnell den Sender, «weil es mich so bedrückt».

«Die Realität hat mir ganz ordentlich zugesetzt»

Ihre lebenslange Lust am Erfinden von Rollen, Liedtexten und Geschichte verbindet die ehemalige Burgtheater-Schauspielerin mit ihrem ersten aufwühlenden Kinoerlebnis gegen Ende des Weltkriegs. Ihre Mutter musste ihr danach erklären, dass der Hund im Film «Krambambuli» nicht wirklich stirbt, sondern dass alles nur erfunden war. «Das hat irgendwie bei mir Wurzeln geschlagen», sagt Pluhar.  «Ich bin beruflich dorthin gegangen, wo man der Realität eine eigene Imagination entgegensetzen kann.» Die Künstlerin fügt hinzu: «Und das hat mir auch sehr oft geholfen, die Realität überhaupt zu überleben.»

In den 60er-Jahren führte Pluhar eine konfliktbeladene Ehe mit dem Unternehmer und Society-Löwen Udo Proksch, der Jahre später nach einem tödlichen Versicherungsbetrug wegen sechsfachen Mordes verurteilt wurde. Nach einer zweiten Ehe mit dem Künstler André Heller führte sie eine Beziehung mit dem Schauspieler Peter Vogel, der 1978 Suizid beging. Pluhars Tochter Anna starb 1999 an den Folgen eines Asthmaanfalls. Annas damals 15-jährigen Sohn Ignaz zog Pluhar danach groß. «Die Realität hat mir ganz ordentlich zugesetzt», sagt Pluhar. 

Absagen an Hollywood und Spitzenpolitik

Beruflich scheinen im Leben der Künstlerin wenige Tiefpunkte auf. Heute ist Pluhar vor allem als Sängerin und als Autorin von mehr als einem Dutzend Büchern, darunter Romane, Gedichte und Memoiren, bekannt. Ihre Karriere begann Pluhar auf der Theaterbühne. Bereits als Schauspielstudentin wurde sie am renommierten Wiener Burgtheater engagiert, wo sie bis 1999 Ensemblemitglied war. Ihren Durchbruch als Filmdarstellerin feierte sie 1968 mit einer Hauptrolle im Fernseh-Zweiteiler «Bel Ami». Für Wim Wenders spielte sie in der Handke-Verfilmung «Die Angst des Tormanns beim Elfmeter». Später folgten eigene Regiearbeiten wie «Marafona». Ihre Filme sind bei einer Retrospektive zu sehen, die das Filmarchiv Austria zu Pluhars Geburtstag veranstaltet. Dem Ruf aus Hollywood folgte sie nie. «Ich hatte Anfragen, aber es waren schlechte Filme», erzählt sie. 

Auch sozialdemokratische Anfragen zu einer möglichen Kandidatur als Bundespräsidentin und einem Posten als Kulturministerin lehnte Pluhar in jüngeren Jahren ab. Politisch positionierte sie sich öffentlich stets als Antifaschistin. Nach Annas Tod erhielt sie deshalb schadenfrohe anonyme Briefe, erzählt sie. «Der Faschismus hat es ganz leicht, wenn Angst herrscht», sagt sie und verweist auf Krieg, Migration und Teuerung. 

Von Albert Otti, dpa

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