Geplatzte Reisepläne, ausgefallene Züge und viele Verspätungen: So geht es für Bahnkundinnen und -kunden auch in den nächsten Tagen weiter. Der Konzern scheiterte endgültig damit, den laufenden Streik noch vor dem Wochenende vor Gericht zu stoppen.
Die Lokführergewerkschaft GDL kündigte an, wie geplant bis Dienstag um 2.00 Uhr zu streiken. «Wir lassen uns von niemandem vorschreiben, wann und wie lange ein Arbeitskampf geht», sagte der Vorsitzende Claus Weselsky.
Die Bahn will am Wochenende mehr Züge auf die Strecken bringen als zuletzt. Fest steht: Reisende müssen mit Einschränkungen und vollen Zügen rechnen. Kunden seien daher gut beraten, Reisen zu verschieben.
Gericht lehnt einstweilige Verfügung ab
Begonnen hatte der dritte Streik der laufenden Tarifrunde am Donnerstag im Personenverkehr und am Mittwoch bei der Güterbahn. Das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt lehnte in zweiter Instanz eine einstweilige Verfügung gegen die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ab. Die Gerichtsentscheidung ist rechtskräftig, die Revision ist in dem Eilverfahren ausgeschlossen, wie eine Justizsprecherin sagte.
«Wir haben im Interesse unserer Kunden alles unternommen, damit die GDL ihre Blockade der Tarifverhandlungen aufgibt», sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler.
Am Donnerstag und Freitag konnte wegen des Streiks nur etwa jeder vierte Fernzug fahren. Am Wochenende sollen es etwa 30 Prozent sein, kündigte die Bahn an. Im Regional- und S-Bahnverkehr sind rund 40 Prozent der Züge unterwegs, mit stärkeren Einschränkungen im Osten und einigen Metropolregionen. Im Güterverkehr stauten sich mehrere hundert Züge.
Mehr als 6000 Beschäftige hatten nach Zahlen der Bahn die Arbeit niedergelegt, die meisten von ihnen Lokführer oder Zugbegleiter. Aufgerufen waren auch Mitarbeiter in den Infrastrukturbetrieben, den Werkstätten und auf den Bahnhöfen. Laut Bahn folgten dort aber nur wenige dem Aufruf.
Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten
Die Fronten in dem Tarifkonflikt bleiben verhärtet, obwohl beide Seiten am Freitag abermals betonten, zu Verhandlungen und zu Kompromissen bereit zu sein. Die GDL will 3,2 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von 28 Monaten. Die Deutsche Bahn bietet 3,2 Prozent an, will die einzelnen Erhöhungsschritte aber später gehen als die Gewerkschaft. Das Unternehmen stellt eine Laufzeit von 36 Monaten in Aussicht sowie die geforderte Corona-Prämie von bis zu 600 Euro.
Vor Gericht stritten die Parteien besonders über eine Klausel, mit der die GDL ihre Tarifverträge auch für Mitglieder durchsetzen will, die in Betrieben arbeiten, in denen eigentlich die Konkurrenzgewerkschaft EVG in der Mehrheit ist. Nach Auffassung des Gerichts muss diese Klausel ins Leere laufen, sie mache aber nicht den gesamten Streikaufruf unwirksam. Die Kammer prüfte auch, ob die Lokführer einen illegalen Unterstützungsstreik für die anderen Bahn-Beschäftigten leisten.
Die Ziele der GDL seien rechtmäßig, sagte Weselsky nach dem Gerichtstermin. Personalchef Seiler betonte hingegen, das Gericht habe klar zum Ausdruck gebracht, dass die GDL-Tarifverträge nur in Betrieben zur Anwendung kommen, in denen die Gewerkschaft eine Mehrheit habe. Die Klausel sehe es als rechtswidrig an. Deshalb könne sie in den weiteren Verhandlungen nicht verwendet werden.
GDL hatte Bahn-Angebot vom Mittwoche abgelehnt
Ein verbessertes Angebot der Konzernleitung vom Mittwoch hatte die GDL zurückgewiesen, Verhandlungen abgelehnt und ihren dritten Streik fortgesetzt. Die Gewerkschaft will, dass sämtliche Forderungen aus dem vergangenen Mai erfüllt werden. Weselsky verlangte am Freitag, der Bund als Eigentümer müsse das Management zur Vernunft bringen.
Seiler äußerte die Sorge, dass die Tarifrunde der Tarifautonomie in Deutschland schaden könnte. «Statt zu verhandeln, versucht die GDL ein Tarif-Diktat durchzusetzen.» Ihre totale Kompromisslosigkeit sei mit der Verantwortung von Tarifpartner nicht vereinbar.
Die GDL konkurriert bei der Bahn mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft. Sie stellt in einem Großteil der rund 300 Bahnbetriebe die Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder, folglich gilt nach dem Tarifeinheitsgesetz dort ihr Tarifvertrag, nicht der der GDL. Das Gesetz kommt bei der Bahn in diesem Jahr erstmals zur Anwendung.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz und das Bundesarbeitsministerium verteidigten das 2015 verabschiedete Gesetz. Verdi-Chef Frank Werneke kritisierte, es verschärfe den Wettbewerb zwischen Gewerkschaften – wie bei der Bahn.