Nach dem mehr als fünftägigen Streik bei der Deutschen Bahn können Reisende im Verlauf des Dienstags wieder mit einem normal funktionierenden Zugverkehr rechnen.
Bei der vergangenen Streikwelle vor rund zwei Wochen hatte die Bahn bereits am Tag vor dem Streik-Ende damit begonnen, Zugpersonal und Fahrzeuge dorthin zu befördern, wo sie zum regulären Betriebsstart gebraucht wurden. So konnte der Zugbetrieb vergleichsweise schnell wieder anlaufen. Zum diesmaligen Vorgehen wollte sich die Bahn am Montagnachmittag äußern.
Es ist voraussichtlich der letzte Tag der dritten Streikwelle der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in der laufenden Tarifrunde. Noch bis Dienstagmorgen 2.00 Uhr soll der Arbeitskampf laufen. Der Personenverkehr in Deutschland ist seit Donnerstagfrüh stark eingeschränkt, der Güterverkehr seit Mittwochnachmittag. Erstmals im aktuellen Tarifstreit zog sich der Streik über ein ganzes Wochenende.
Verkehr auf 30 bis 40 Prozent reduziert
Die Bahn hatte eigenen Aussagen zufolge über das Wochenende zumindest jeden dritten Fernzug planmäßig fahren lassen. Im Regional- und S-Bahnverkehr war ein Grundangebot von 40 Prozent der Züge unterwegs.
Eine Annäherung zwischen beiden Seiten ist allerdings nicht in Sicht. GDL-Chef Claus Weselsky betonte am Montag erneut, dass er derzeit keine Basis für Verhandlungen sehe. Die Gewerkschaft sei zu weiteren Gesprächen bereit, wenn ein verhandlungsfähiges Angebot von der Bahn komme, sagte Weselsky im ZDF-«Morgenmagazin». Das sogenannte Angebot der Bahn sei nur eine vorgetäuschte Verbesserung.
Die Bahn hatte vergangene Woche ein Angebot unter anderem mit einer kürzeren Tariflaufzeit von 36 statt 40 vorgelegt. Außerdem stellte sie noch für dieses Jahr eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro in Aussicht. Weselsky lehnte das Angebot ab.
Die Bahn wolle die GDL auf Lokführer und Zugbegleiter beschränken und dieser verweigern, Tarifverträge für die Werkstatt und Verwaltung abzuschließen, sagte Weselsky. Hier würden Grundrechte tangiert. Es solle dauerhaft verhindert werden, dass die GDL die Mehrheit im Betrieb habe. «Und dagegen wehren wir uns», sagte Weselsky.
GDL weist Vorwürfe zurück
Die GDL war am Wochenende erneut von mehreren Seiten für den Streik kritisiert worden, unter anderem vom Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Reiner Hoffmann. Dieser hatte der GDL vorgeworfen, «dass hier eine Berufsgruppe wie die Lokführer ihre partikularen Interessen gegen das Gesamtinteresse aller anderen Bahn-Beschäftigten durchsetzt».
Weselsky wies das am Montag zurück. Er wünsche sich, dass auch ein Vorsitzender eines Dachverbandes von Gewerkschaften Ursache und Wirkung im Blick behalte. Der DGB-Chef sei derjenige gewesen, der das Tarifeinheitsgesetz initiiert habe. Und jetzt werde der GDL vorgeworfen, für mehr Mitglieder zu werben. «Also ich weiß nicht ganz genau, für was das Gesetz denn geschaffen worden ist.» Dieses sage ganz klar: Wer mehr Mitglieder im Betrieb habe, dessen Tarifverträge bleiben in die Zukunft hinein erhalten.
Das Tarifeinheitsgesetz ist 2015 in Kraft getreten und sieht vor, dass in einem Unternehmen mit zwei Gewerkschaften nur der Tarifvertrag der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet wird. Bei der Bahn ist das aus Sicht des Konzerns in den meisten Betrieben die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG.
Mit dem bisherigen Streik bei der Deutschen Bahn sei die GDL «sehr zufrieden», sagte Weselsky. «Dass das für Kunden unschön ist, ist uns klar.»