Im Untreue-Prozess gegen drei frühere und einen amtierenden Personalmanager von Volkswagen hat die Staatsanwaltschaft Bewährungsstrafen und Geldauflagen gefordert.
In Bezug auf die Vergütung führender Betriebsräte hätten die Angeklagten pflichtwidrig und vorsätzlich gehandelt, sagte Staatsanwältin Sonja Walther am Montag im Landgericht Braunschweig. Sämtliche Verteidiger der Führungskräfte – darunter die Ex-Konzernpersonalchefs Horst Neumann und Karlheinz Blessing – plädierten hingegen auf Freispruch. (Az.: 16 KLs 85/19)
Am fünften Verhandlungstag stritten die Parteien noch einmal über angemessene Bezahlung von leitenden Betriebsräten, wenn diese viele Jahre für ihr Ehrenamt freigestellt sind. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft flossen bei Volkswagen überzogene Vergütungen und Boni an den langjährigen Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh und weitere hohe Belegschaftsvertreter. Den Schaden für den größten europäischen Autobauer bezifferte die Anklage im Verfahren mit mehr als 5 Millionen Euro.
Untreue in besonders schwerem Fall
Durch die Verhandlung in der Braunschweiger Stadthalle sah sich die Staatsanwaltschaft im Wesentlichen bestätigt. Sie wirft den Personalverantwortlichen Untreue, teils auch im besonders schweren Fall vor. Für Ex-Personalvorstand Neumann – von 2005 bis 2015 im Amt – forderte sie deshalb eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Zudem soll er eine Geldauflage von 1,5 Millionen Euro für einen gemeinnützigen Zweck zahlen.
Für Nachfolger Blessing beantragte die Staatsanwältin zehn Monate auf Bewährung und die Zahlung von 200.000 Euro. Die beiden anderen Personalmanager sollen Strafen von zwei Jahren auf Bewährung und 750.000 Euro beziehungsweise sechs Monaten auf Bewährung und 30.000 Euro erhalten. Sämtliche Verteidiger forderten hingegen Freisprüche für ihre Mandaten. Im Anschluss nutzen auch die Angeklagten ihre Schlussworte dafür, die Untreue-Vorwürfe entschieden zurückzuweisen.
Bezüge unangemessen üppig?
Das Gericht muss nun entscheiden, ob den einflussreichen Mitgliedern der Mitarbeitervertretung zwischen 2011 und 2016 unangemessen üppige Bezüge freigegeben wurden. In gewinn- und bonusstarken Jahren kam etwa der Betriebsratschef Osterloh auf Gesamtvergütungen von bis zu 750.000 Euro. Die Vorwürfe richten sich aber nicht gegen ihn, gegen Osterloh selbst läuft ein separates Beihilfeverfahren. Als Zeuge im Prozess hatte er betont: «Ich war an keiner Entgeltfindung, die meine Person betrifft, beteiligt.»
Die außergewöhnliche Karriere Osterlohs stand dennoch oft im Zentrum der Verhandlung. Immer wieder ging es um die Frage, wie jemand bezahlt werden soll, der mal als sogenannter Beanstandungsbeheber in der Fahrzeugfertigung war und später zum Betriebsratschef eines Weltkonzerns wurde. Seit Mai dieses Jahres ist Osterloh Personalvorstand der VW-Nutzfahrzeug-Holding Traton in München.
Nach Ansicht der Staatsanwälte hatten die Personalmanager Kriterien zur Gehaltsbestimmung der leitenden Betriebsräte «bewusst so gewählt, dass scheinbar ein erhöhtes Gehalt gerechtfertigt war, obwohl dies nicht korrekt war». Die Verteidigung stritt dies ab und bezeichnete die geprüften Gehälter als in Ordnung. Die Anwälte erklärten, die betreffenden Betriebsräte hätten jeweils «beachtliche Karrieren» hingelegt und oft «auf Augenhöhe» mit dem Management verhandelt.
Das Urteil soll am Dienstag (9.30 Uhr) fallen, ursprünglich war das Verfahren bis Ende Oktober geplant.