Paul McCartney bei einem Konzert 2017 in Perth. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Richard Wainwright/AAP/dpa)

Gemeinsam stiegen sie in den Musik-Olymp auf, doch das Ende der Beatles war voller Krisen und Streit. Das geht soweit, dass bis heute teils erbittert darüber debattiert wird, wer denn verantwortlich war für das Ende der vielleicht besten Band der Geschichte.

Nun hat Sänger und Bassist Paul McCartney in einem Interview mit der BBC, das am 23. Oktober ausgestrahlt werden soll und aus dem der Sender am Montag vorab zitierte, einmal mehr seine Unschuld beteuert an dem Bruch, den er im April 1970 selbst öffentlich gemacht hatte.

«Ich habe den Bruch nicht initiiert. Das war unser Johnny», sagte der 79-Jährige mit Verweis auf seinen kongenialen Co-Songschreiber John Lennon. «John ist eines Tages ins Zimmer gekommen und hat gesagt «ich verlasse die Beatles». Ist das eine Spaltung oder nicht?» Lennon, der 1980 in New York erschossen wurde, habe den Schritt als «ziemlich aufregend» empfunden und mit einer Scheidung verglichen, berichtet McCartney im Gespräch mit Interviewer John Wilson. An einen Rosenkrieg erinnerte die folgende jahrelange juristische Auseinandersetzung der Band, zu der noch Gitarrist George Harrison, der 2001 an Krebs starb, und Schlagzeuger Ringo Starr (81) gehörten.

Rückblick: Im April 1970 erscheint «McCartney», die Solo-Platte des Sängers. McCartney verschickt die Schallplatte an Journalisten zusammen mit einem Schreiben im Frage-Antworten-Format, das den Bruch offenbart: Plant er ein neues Album, eine Single oder Auftritte mit den Beatles? «Nein.» Ist ihre Trennung vorübergehend oder dauerhaft? «Ich weiß es nicht.» Es gebe persönliche, geschäftliche und musikalische Differenzen, räumt McCartney ein. Die Aussagen wurden allgemein als Ende der Beatles verstanden – «Paul verlässt die Beatles», titelte etwa die «Daily Mail» am 10. April. Die Gruppe versuchte noch zu beschwichtigen, aber der Bruch war öffentlich, der innere Zank wurde offenbar.

Doch wie McCartney mehrmals erzählte und wie auch Berichte der übrigen Band-Mitglieder deutlich machen: Es war nicht der Sänger und Bassist, der Schluss machte. Tatsächlich war die Gruppe schon seit Monaten de facto am Ende – und ausgelöst hatte dies John Lennon. Er hatte bereits im September 1969 seine Bandkollegen informiert, dass er austreten werde und erzählte auch später diese Version. Auf Wunsch von Manager Allen Klein hielten die «Fabulous Four» aber zunächst dicht. Denn die Arbeiten am letzten Studioalbum «Let It Be» waren noch nicht beendet, auch einige Verträge noch nicht besiegelt.

«Für einige Monate mussten wir also so tun, als ob», sagt McCartney nun Jahrzehnte später der BBC. «Es war merkwürdig, weil wir alle wussten, dass die Beatles am Ende waren, aber wir konnten nicht einfach abhauen.» Schließlich habe er aber die Ausreden satt gehabt und die Katze aus dem Sack gelassen, so berichtet es McCartney. Der Promotion seiner Solo-LP, die bald darauf erschien, tat die Nachricht sicher auch keinen Abbruch, wie Kritiker ätzten.

Tatsächlich hatte sich der Bruch schon lange angedeutet, wie viele Biografen seit Jahrzehnten immer wieder geschrieben haben. Die Bandmitglieder lebten sich auseinander. McCartney heiratete Linda Eastman, das Paar bekam ein Kind. John Lennon heiratete die Künstlerin Yoko Ono und setzte unter anderem mit dem gemeinsamen «Bed-In» politische Zeichen. Alle verfolgten Solo-Projekte. Ein Konzert hatten die Beatles da schon seit Jahren nicht mehr gespielt.

Begegnungen der Bandmitglieder, bei denen es rein ums Geschäftliche ging, seien zunehmend unangenehm geworden, berichtete McCartney. «Zu der Zeit hatten wir kleinere Treffen, und es war furchtbar», erinnert er sich. «Es war das Gegenteil von dem, das wir waren.» Er sagt heute, der Bruch sei unvermeidlich gewesen. Lennon «wollte in einem Sack gehen und eine Woche für den Frieden in einem Bett in Amsterdam liegen. Und daran war nicht zu rütteln», sagt er im BBC-Interview. Das dürfte denjenigen unter den Beatles-Fans Aufschwung geben, die vor allem Lennons teilweise bizarre Auftritte mit Yoko Ono für das Ende der Band verantwortlich machen. Doch das liegt McCartney fern. «Sie waren ein tolles Paar. Sie strahlten enorme Stärke aus», sagt er.

Ein bisschen Wehmut klingt aber doch an, so erfolgreich McCartney und auch die anderen Beatles als Solokünstler waren. Unvergessen bleibt nicht nur John Lennons Welthit «Imagine», der am Montag seinen 50. Geburtstag feierte. Die Gruppe habe selbst dann noch «ziemlich gutes Zeug» kreiert, als sie eigentlich schon zerbrochen war, sagt McCartney: ««Abbey Road», «Let it Be», ganz anständig.» Der Sänger betont: «Das war meine Band, das war mein Job, das war mein Leben, deshalb wollte ich, dass es weitergeht.» Und wenn Lennon nicht die Band verlassen hätte, wäre die Karriere weitergegangen? «Das hätte gut sein können.» Genügend Stoff ist also da für neue Legenden.

Von Benedikt von Imhoff, dpa

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