Der Horizont so weit: Marteria. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Stefan Sauer/dpa)

Marteria hat sich wiedergefunden – in der «5. Dimension». So heißt sein neues Album, das in vielerlei Hinsicht den Bogen zum Frühwerk des Rappers schlägt.

Es höre sich nach den Wurzeln an, sagt der 38-Jährige selbst. «Zwischendurch habe ich mich ein bisschen verloren. Oder ich habe manchmal auf das falsche Pferd gesetzt, was Songs angeht – das ist aber auch vollkommen okay.»

Wie schon sein zweites Album «Zum Glück in die Zukunft» (2010) sei das neue Werk stark von Melancholie geprägt. «Ich fühl‘ mich in dieser Welt halt am wohlsten.» Stimmig produzierte warme Beats, teils hymnische und meist clubtaugliche Songs erinnern dabei etwa an den britischen Garage-Sound des Frühwerks von Mike Skinner alias The Streets.

Auf Barbados gestrandet

Diese Musik habe ihn schon immer inspiriert, sagt Marteria – bürgerlich Marten Laciny – im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Seiner Stimme hört man an, wie wohl er sich mit dem Sound fühlt. Ruhig und sonor legt sie sich auf die Melodien, verfällt häufiger in Gesang als auf vorhergehenden Alben. Er sei sicherer geworden mit ihr, erklärt Marteria, und das hört man.

Ganz so sicher war die Zeit des Musikers während der Corona-Krise nicht immer. Der Weltenbummler war im vergangenen Jahr in Venezuela von der Pandemie überrascht worden. Er sei noch gerade so aus Caracas, der Hauptstadt Venezuelas, herausgekommen und letztlich vier Monate auf Barbados gestrandet. «Es verschlägt einen irgendwie doch an ganz komische Orte.»

Caracas sei «ein Ort, wo man jetzt im Lockdown nicht unbedingt festhängen will». Es handele sich um eine der gefährlichsten Städte der Welt mit schlechter Energie- und Krankenversorgung. Eigentlich habe er nur versucht, eine schöne Reise zu planen. «Aber irgendwie komme ich dann öfter mal in Situationen, wo es irgendwie ein bisschen brenzlig ist.»

«Deutschland, einig, Katerland»

Das Albumcover zeigt den Künstler mit blauem Auge und einer Schramme. Hat er so schlimm gelitten? Eigentlich gehe es ihm ganz gut, erzählt er. Das Foto sei nach einer «guten Nacht» entstanden. Und davon handelt schließlich auch ein Großteil des Albums.

Mit «Love, Peace & Happiness» (feat. ÄTNA & Yasha) hat er eine Hymne zum Feiern geschaffen. Auf «Paradise Delay» wird zu brummenden Bässen und pulsierenden Synthesizern beklagt, dass keiner mehr «Action macht», dass alle Freunde weg sind und sich verkrümelt haben. Auf «Traffic» heißt es nur: «Deutschland, einig, Katerland».

Produziert wurde das Album vom Hamburger Produzenten DJ Koze, dem begnadeten Soundtüftler Siriusmo (deutlich zu hören etwa bei dem Song «Marilyn») sowie The Krauts, die Marteria schon seit langer Zeit begleiten.

Passend zum Cover heißt gleich der erste Song «Niemand bringt Marten um» – das habe er nach der Zeit in Caracas auf Barbados geschrieben. Er dreht sich um die Dämpfer des Lebens, aber auch um Widerstandsfähigkeit in schwierigen Momenten. «Es geht auch um Hoffnung», sagt Marteria. Er findet, man solle «die guten Dinge im Leben nach vorne stellen und nicht die schlechten».

Mit «Zug der Erkenntnis» und «Neonwest» schmücken auch nachdenkliche Songs das Album. In «Neonwest» verarbeitet der gebürtige Rostocker seine ersten Fußstapfen im Westen Deutschlands nach dem Mauerfall Anfang der 1990er Jahre. «Das ist eine Geschichte, wo ich zum ersten Mal mit meiner Mutter in den Westen gegangen bin.»

Zwei Jahre schrieb er nach eigenen Angaben an dem Song, in dem er die schillernden und bunten Reize der ersten West-Begegnung schildert. «Da sind viele autobiografische Geschichten auf der Platte, es ist eine sehr nahe Platte und eine sehr ehrliche Platte», fasst Marteria zusammen.

Von Christopher Hirsch und Felix Schröder, dpa

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