Die Spritpreise haben stark angezogen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Fabian Sommer/dpa)

Die Inflation in Deutschland hat sich vorerst über der Vier-Prozent-Marke festgesetzt. Steigende Energiepreise und der Mehrwertsteuereffekt heizten die Teuerung im Oktober weiter an.

Die Verbraucherpreise lagen um 4,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat.

Eine Inflationsrate in dieser Höhe hatten die Wiesbadener Statistiker zuletzt vor genau 28 Jahren ermittelt: im Oktober 1993. Eine höhere Inflationsrate gab es zuletzt im August 1993 mit 4,6 Prozent. Die Behörde bestätigte am Mittwoch vorläufige Zahlen.

Von September auf Oktober des laufenden Jahres kletterten die Verbraucherpreise um 0,5 Prozent. Im September hatte die Inflation in Europas größter Volkswirtschaft mit 4,1 Prozent erstmals seit Ende 1993 wieder die Vier-Prozent-Marke überschritten.

Vielen Verbrauchern macht das steigende Preisniveau Sorge. Denn eine höhere Inflation schwächt ihre Kaufkraft, weil sie sich für einen Euro dann weniger kaufen können als zuvor.

Seit Monaten heizen steigende Energiepreise die Teuerung an. Im Oktober mussten Verbraucher in Deutschland fürs Tanken und Heizen nach Berechnungen der Statistiker 18,6 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Die Preise für Heizöl verdoppelten sich (plus 101,1 Prozent), merklich teurer wurden zudem Kraftstoffe (plus 35 Prozent). Auch die Preise für Erdgas (plus 7,4 Prozent) und Strom (plus 2,5 Prozent) zogen an. Ohne Berücksichtigung der Energieprodukte hätte die Inflationsrate im Oktober laut Bundesamt 3,1 Prozent betragen.

«Die Teuerungsrate für Energie hat sich den vierten Monat in Folge erhöht. Wesentlich dafür waren die Basiseffekte, da wir die aktuellen Preise mit den sehr niedrigen Preisen des Vorjahres vergleichen», erklärte Christoph-Martin Mai, Leiter des Referats Verbraucherpreise im Statistischen Bundesamt. Vor einem Jahr waren die Rohölpreise mit Ausbruch der Corona-Krise wegen geringer Nachfrage eingebrochen.

«Gleichzeitig wirkten sich die zu Jahresbeginn eingeführte CO2-Abgabe und die erneut gestiegenen Rohölpreise auf dem Weltmarkt erhöhend auf die Teuerungsrate der Energieprodukte aus», führte Mai aus. Seit Januar sind in Deutschland 25 Euro je Tonne Kohlendioxid (CO2) fällig, das beim Verbrennen von Diesel, Benzin, Heizöl und Erdgas entsteht.

Experten rechnen damit, dass die Heizölpreise mittelfristig nachgeben werden. «Es geht so langsam wieder runter», sagte der Inhaber des Portals Heizoel24, Oliver Klapschus. Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, rät: «Wer mit seinem Heizöltank über den Winter kommt, sollte jetzt nicht auffüllen.»

Bei der Teuerungsrate schlägt zudem die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung nun voll zu. Um den Konsum in der Corona-Krise anzukurbeln, hatte der Bund die Mehrwertsteuer befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gesenkt. Seit Januar 2021 gelten wieder die regulären Mehrwertsteuersätze. Im Oktober erhöhten sich die Preise für Waren insgesamt nach Berechnungen des Bundesamtes im Vergleich zum Vorjahresmonat um überdurchschnittliche 7,0 Prozent.

Nahrungsmittel verteuerten sich um 4,4 Prozent. Dabei mussten Verbraucherinnen und Verbraucher vor allem für Molkereiprodukte und Eier (plus 6,0 Prozent) sowie Brot und Getreideerzeugnisse (plus 5,0 Prozent) mehr zahlen als im Oktober 2020.

Volkswirte rechnen mit einem weiteren Anstieg der Verbraucherpreise in den nächsten Monaten. Europas Währungshüter, deren oberstes Ziel ein stabiler Euro ist, sind aber überzeugt, dass der vergleichsweise kräftige Anstieg der Inflation zum Großteil auf Sonderfaktoren wie der Erholung der Ölpreise nach dem Corona-Schock sowie Lieferengpässen infolge der gestiegenen Nachfrage zurückzuführen ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet damit, dass die Inflationsraten im nächsten Jahr allmählich wieder niedriger werden.

Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig eine jährliche Teuerungsrate von zwei Prozent an. In Deutschland lag der harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI, den die EZB für ihre Geldpolitik heranzieht, im Oktober um 4,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats und um 0,5 Prozent über dem Stand von September 2021. Auch hier bestätigte das Bundesamt seine vorläufigen Berechnungen.

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