Regentropfen sammeln sich auf einem Volkswagen-Logo. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Ole Spata/dpa)

Im Abgasskandal haben etliche Diesel-Käufer mit ihren Schadenersatz-Klagen zu lange gewartet – mittlerweile sind die Ansprüche verjährt.

Haben sie trotzdem noch eine Chance, von VW Geld zurückzubekommen? Mit dieser Frage befasst sich zum ersten Mal der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Es geht um sogenannten Restschadenersatz.

Das Thema steht inzwischen im Mittelpunkt der juristischen Auseinandersetzung um den VW-Skandalmotor EA189. Nach Auskunft des BGH-Sprechers betrifft es einen Großteil der derzeit eingehenden Diesel-Revisionen. Volkswagen spricht von einer knapp fünfstelligen Zahl laufender Verfahren. In mehr als 70 Prozent der Fälle gehe es um gebraucht gekaufte Autos, beim Rest um Neuwagen.

Urteil möglicherweise am selben Tag

Der BGH verhandelt zunächst fünf Gebrauchtwagen-Fälle aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Das Urteil wird möglicherweise gleich am Nachmittag verkündet. Die Richterinnen und Richter können dafür aber auch einen Extra-Termin ansetzen. Am 21. Februar verhandelt dann ein anderer Senat zum Restschadenersatz bei Neuwagen.

Die fünf Klägerinnen und Kläger, deren Fälle zuerst an der Reihe sind, hätten eigentlich gute Chancen auf Schadenersatz von VW gehabt. Sie alle hatten vor Auffliegen des Abgasskandals im Herbst 2015 einen Diesel mit dem Motor EA189 gekauft, der Behördentests nur mithilfe einer Betrugs-Software bestand – tatsächlich stießen die Autos im Straßenverkehr zu viele Giftstoffe aus. Der BGH hat bereits festgestellt, dass Volkswagen seine Kunden damit systematisch getäuscht hat. Betroffene können verlangen, dass ihr Auto zurückgenommen wird, vom Kaufpreis wird aber die Nutzung abgezogen.

Allerdings müssen solche Ansprüche binnen drei Jahren geltend gemacht werden. Im Normalfall war die Deadline also Ende 2018. Die Klagen, über die der BGH jetzt verhandelt, hatten die Gerichte erst 2020 erreicht – also höchstwahrscheinlich deutlich zu spät. Die Anwälte setzen aber auf eine Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch, den Paragrafen 852. Danach kann es auch nach Eintritt der Verjährung noch Ansprüche geben, und zwar wenn «der Ersatzpflichtige durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt» hat.

Zwischenbesitzer stellen Problem dar

Bei gebraucht gekauften Dieseln besteht allerdings das zusätzliche Problem, dass mindestens ein Vorbesitzer zwischengeschaltet war. VW ist deshalb der Auffassung, dass es hier keinen Anspruch auf Restschadenersatz geben kann. «Denn durch die Gebrauchtwagenverkäufe von Händlern und Privatverkäufern hat Volkswagen nichts auf Kosten der Kläger erlangt», teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Bisher hätten auch so gut wie alle Oberlandesgerichte VW Recht gegeben.

Bei den Neuwagen, um die es dann in eineinhalb Wochen gehen soll, ist das Bild weit weniger eindeutig. «Es bleibt abzuwarten, wie der BGH diese Rechtsfragen beantworten wird», heißt es dazu in der Stellungnahme des Wolfsburger Autobauers. «Volkswagen ist der Auffassung, dass § 852 BGB auch auf Neuwagenkäufe nicht anwendbar ist und wird diese Position beim BGH erläutern.»

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