Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell in Washington. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andrew Harnik/AP/dpa)

Im Schatten der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor entscheidet die US-Notenbank Fed am Mittwoch über den Leitzins. Die Bankenkrise rund um die Silicon Valley Bank dürfte ein Hemmnis für weitere deutliche Zinsanhebungen darstellen. Denn die stark gestiegenen Zinsen gelten als ein Grund für die Probleme im amerikanischen Bankensektor.

Die Federal Reserve wird ihre Entscheidung am Abend (19.00 Uhr MEZ) bekanntgegeben und auch eine aktualisierte Wirtschaftsprognose veröffentlichen. Sie muss nun abwägen zwischen der Beruhigung der Sorgen im Bankensektor und dem Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise.

Lage inzwischen komplexer

Galt eine deutliche Zinserhöhung vor einigen Wochen noch als wahrscheinlich, ist nach dem Kollaps mehrerer US-Banken offen, welchen Weg die Fed einschlagen wird. Im Februar hatte die Notenbank der größten Volkswirtschaft der Welt ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent angehoben.

Notenbankpräsident Jerome Powell hatte noch Anfang März deutlich gemacht, dass weitere große Zinsschritte möglich seien. Nun aber ist die Lage komplexer. Angesichts der hohen Inflation gilt zwar eine weitere Zinsanhebung als wahrscheinlich – aber in einem geringen Tempo. Erwartet wird eine Erhöhung um 0,25 Punkte, einige Experten halten auch eine Pause bei den Zinserhöhungen nicht für ausgeschlossen.

Auslöser der Krise Anfang März war die Abwicklung des auf die Kryptobranche ausgerichteten US-Finanzkonzerns Silvergate Capital. Ein paar Tage später wurde das auf Start-up-Finanzierungen spezialisierte US-Geldhaus Silicon Valley Bank unter die Kontrolle der US-Einlagensicherung FDIC gestellt und geschlossen. Es war der größte Kollaps eines US-Geldhauses seit der Finanzkrise 2008. Es folgten die Schließung der Signature Bank und eine koordinierte Rettungsmaßnahme für ein weiteres strauchelndes Geldhaus in den USA.

Nervosität in der Bankenbranche

In Europa bekam die Schweizer Großbank Credit Suisse ernste Probleme. Nach zahlreichen Skandalen, Kritik wegen eines schlechten Risikomanagements und Geldabflüssen in dreistelliger Milliardenhöhe stand die Bank am Wochenende mit dem Rücken zur Wand. Der Aktienkurs war trotz Liquiditätszusagen abgestürzt. Um angesichts der Nervosität in der Bankenbranche einen Flächenbrand und eine globale Finanzkrise zu verhindern, drängten Regierung und Aufsichtsbehörden die Konkurrentin UBS zur Übernahme.

Im Zentrum der Bankenkrise steht das sogenannte Zinsänderungsrisiko. So hatte etwa die Silicon Valley Bank enorme Summen in langlaufende und niedrig verzinste Anleihen gesteckt, die eigentlich zu den sichersten Investments am Finanzmarkt zählen. Da die US-Notenbank Fed die Leitzinsen im Kampf gegen die hohe Inflation aber so rasch und deutlich erhöhte, verlor dieses Portfolio drastisch an Wert. Das ließ die Bilanz aus dem Ruder laufen und löste letztlich einen immensen Abzug von Kundengeldern aufgrund von Liquiditätssorgen aus.

Sorge um Ansteckungsgefahr

Als Reaktion erhöhten sechs große Notenbanken, darunter die Fed und die Europäische Zentralbank (EZB), ihre Schlagzahl zur Versorgung des Finanzsystems mit Dollar-Liquidität. Die US-Regierung machte außerdem am Dienstag deutlich, wenn nötig weitere Hilfen für angeschlagene Banken zu mobilisieren. Finanzministerin Janet Yellen verteidigte die bisherigen Stützungsmaßnahmen. Zugleich stellte sie weitere Unterstützung in Aussicht und betonte, dass die Regierung ähnliche Maßnahmen für angemessen halte, wenn es erneut zu Einlagenflucht und Ansteckungsgefahren für den restlichen Finanzsektor kommen sollte.

Die Fed muss nun zeigen, dass sie die Turbulenzen im Bankensektor ernst nimmt – aber gleichzeitig im Kampf gegen die hohen Verbraucherpreise nicht nachlässt. Zwar schwächt sich die hohe Inflation in den USA weiter ab. Im Februar stiegen die US-Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,0 Prozent. Es ist der niedrigste Anstieg seit September 2021. Allerdings ist das weit entfernt von der angestrebten Inflationsrate von durchschnittlich 2 Prozent.

Starker US-Arbeitsmarkt ein Problem

Die Inflation im Zaum zu halten, ist klassische Aufgabe der Notenbanken. Steigen die Zinsen, müssen Privatleute und Wirtschaft mehr Geld für Kredite ausgeben – oder leihen sich weniger Geld. Das Wachstum nimmt ab, Unternehmen können höhere Preise nicht einfach weitergeben – und idealerweise sinkt die Inflationsrate.

Ein weiteres Problem für die Fed ist der starke Arbeitsmarkt in den USA. Denn wenn in wichtigen Branchen Arbeitskräfte fehlen, kann dies den Preisauftrieb beflügeln. Im Februar war die Arbeitslosigkeit in den USA überraschend gestiegen. Sie legte auf 3,6 Prozent zu – war damit aber immer noch auf einem niedrigen Niveau.

Die Europäische Zentralbank (EZB) entschied sich vergangene Woche trotz der Unsicherheit im Bankensektor für eine deutliche Anhebung des Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf nun 3,5 Prozent. In den USA wetten unterdessen schon einige darauf, dass die Fed ab Sommer die Zinsen senken könnte.

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