Der Chemiekonzerns BASF hat Stellenstreichungen angekündigt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uwe Anspach/dpa)

Der weltgrößte Chemiekonzern BASF reagiert auf einen Gewinneinbruch in der Energiekrise und streicht unterm Strich 2600 Stellen weltweit. Fast zwei Drittel davon entfallen auf Deutschland, teilte der Dax-Konzern am Freitag mit. Der Abbau trifft auch das Stammwerk Ludwigshafen. Dort sind 700 Stellen in der Produktion von den Einschnitten betroffen. Wegen hoher Gaspreise schließt BASF zudem mehrere Chemieanlagen, darunter eine für Ammoniak und das Kunststoffvorprodukt TDI. Für dieses Jahr erwartet BASF einen operativen Ergebnisrückgang von bis zu 30 Prozent.

Sorgen um das Stammwerk versuchte Vorstandschef Martin Brudermüller auszuräumen: «Wir bleiben dem Standort treu, allem Abwanderungsgerede zum Trotz», sagte er bei der Vorlage der Jahreszahlen. Der Hauptsitz, wo BASF zuletzt rund 39.000 seiner mehr als 111.000 Mitarbeiter beschäftigte, bleibe der größte integrierte Standort im Konzern.

Brutto fällt der Jobabbau mit 4200 Stellen noch größer aus. Doch andernorts will BASF Jobs aufbauen, etwa in Service-Zentren in Berlin und Madrid. Auch hilft natürliche Fluktuation: BASF rechnet ab 2024 mit altersbedingten Abgängen von 1000 Menschen jährlich in den kommenden zehn Jahren. Betriebsbedingte Kündigungen in Ludwigshafen sind laut Standortvereinbarung bis Ende 2025 ausgeschlossen. Kritik am Sparprogramm, das 400 Millionen Euro kostet, kam von der Gewerkschaft IG BCE: «Anlagen abbauen und Stellen streichen ist kein Konzept für eine erfolgreiche Zukunft des größten Chemieareals der Welt», sagte IG-BCE-Chef und BASF-Aufsichtsrat Michael Vassiliadis.

Sparprogramm schon im Herbst angekündigt

Der Chemiekonzern hatte schon im Herbst wegen der hohen Energiekosten und der schwachen Konjunktur ein Sparprogramm angekündigt. Damit will BASF ab 2024 jährlich 500 Millionen Euro außerhalb der Produktion sparen, davon die Hälfte in Ludwigshafen. Schwerpunkte sind Service-, Unternehmens- und Forschungsbereiche sowie die Konzernzentrale.

BASF als größtem industriellen Gasverbraucher Deutschlands macht die teure Energie besonders zu schaffen. Brudermüller hatte wiederholt vor drastischen Folgen für die deutsche Wirtschaft im Fall eines Gasboykotts gegen Russland gewarnt. Die Unsicherheiten wegen des Ukraine-Kriegs, darunter teure Energie und Rohstoffe, würden 2023 fortbestehen, hieß es nun. All das belaste die weltweite Nachfrage.

«Die Wettbewerbsfähigkeit der Region Europa leidet zunehmend unter Überregulierung», kritisierte Brudermüller. Dazu kämen bürokratische Genehmigungen und hohe Kosten. «Zusätzlich belasten jetzt die hohen Energiepreise die Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit in Europa.»

2022 habe BASF 3,2 Milliarden Euro mehr für Energiekosten ausgegeben als im Vorjahr, erläuterte Finanzchef Hans-Ulrich Engel. Alleine für Erdgas habe man 2,2 Milliarden Euro mehr bezahlt. Von den Mehrkosten für Erdgas entfielen 1,4 Milliarden Euro auf Ludwigshafen, obwohl BASF gut ein Drittel weniger Gas verbraucht habe.

Ludwigshafen für Wettbewerb rüsten

Neben dem Stellenabbau will BASF das Werk in Ludwigshafen für den schärferen Wettbewerb rüsten. So schließt der Konzern eine der beiden Ammoniak-Anlagen, die Anlage für das Kunststoffvorprodukt TDI sowie weitere Anlagen für chemische Vorprodukte. Mit den Sparmaßnahmen in Ludwigshafen sollen ab Ende 2026 die Fixkosten um über 200 Millionen Euro pro Jahr sinken. Die Produktion von Ammoniak, das etwa für Dünger gebraucht wird, hatte man schon 2022 gedrosselt. Ersatz soll nun von Standorten aus dem Ausland kommen.

Ludwigshafen solle sich künftig auf die Versorgung des europäischen Marktes konzentrieren, sagte Brudermüller. Er will Ludwigshafen zum «europaweit führenden emissionsarmen Chemiestandort» entwickeln, darunter mit Wärmepumpen und CO2-ärmeren Wegen der Dampferzeugung.

Auch dieses Jahr bleibt das Umfeld für den Konzern schwierig. BASF erwartet Umsätze von 84 Milliarden bis 87 Milliarden Euro nach 87 Milliarden im Vorjahr. Beim bereinigten operativen Ergebnis rechnet der Konzern mit 4,8 Milliarden bis 5,4 Milliarden Euro – das wäre bis zu 30 Prozent weniger als im Vorjahr. Dabei rechnet BASF mit einem schwachen ersten Halbjahr 2023. Die Lage dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte mit Aufholeffekten insbesondere in China verbessern.

China-Geschäft soll ausgebaut werden

Das Geschäft in der Volksrepublik baut Brudermüller aus – trotz Kritik auch im Vorstand, sich nicht noch abhängiger von autokratischen Regimen zu machen. So fürchten einige Beobachter einen Angriff Chinas auf Taiwan. Eine Eskalation in Fernost käme einem «Totalverlust des Engagements» in China gleich, sagte Brudermüller. In diesem Fall habe die Welt aber noch ganz andere Probleme.

In Russland hat BASF bereits schmerzhafte Erfahrungen gemacht: 2022 fiel wegen Milliarden-Abschreibungen auf die Öl- und Gastochter Wintershall Dea ein Konzernverlust von 627 Millionen Euro an. Das war weit weniger als von BASF jüngst angekündigt. Grund dafür seien geringere Abschreibungen auf Wintershall Dea. Die BASF-Tochter beklagt eine faktische Enteignung ihrer Beteiligungen in Russland und plant einen vollständigen Rückzug aus dem Land. Im Jahr 2021 hatte BASF insgesamt noch rund 5,5 Milliarden Euro verdient.

Trotz eines Verlusts im vergangenen Jahr will BASF genauso viel Geld an die Aktionäre ausschütten wie für 2021. Geplant ist eine Dividende von 3,40 Euro je Aktie. Ein laufendes Aktienrückkaufprogramm hat BASF derweil vorzeitig gestoppt. Anstatt bis zu drei Milliarden Euro habe man 1,4 Milliarden Euro ausgegeben. Damit behält das Unternehmen mehr Geld in der Kasse für schwierige Zeiten.

Von Alexander Sturm, dpa und Michaela Nehren-Essing, dpa-AFX

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