Die chinesischen Elektroauto-Exporte seien 2023 um 70 Prozent gestiegen - und das gefährde die Investitionen in anderen Ländern, argumentiert die US-Regierung. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Xiao Yijiu/XinHua/dpa)

US-Präsident Joe Biden versperrt Elektroautos aus China den Weg in die USA mit Sonderzöllen von 100 Prozent. Zudem verhängt die US-Regierung neue oder stark erhöhte Zölle unter anderem für Solarzellen, Halbleiter, Hafenkräne und Medizinartikel wie Kanülen und Schutzmasken.

China flute die globalen Märkte mit künstlich verbilligten Exporten, hieß es bei der Ankündigung der US-Regierung. Die Maßnahmen seien zugleich auf einige strategisch wichtige Bereiche beschränkt.

Biden strebe ein stabiles Verhältnis zu China an, versicherte die Direktorin des Nationalen Wirtschaftsrats des Weißen Hauses, Lael Brainard, vor Journalisten. Sie wollte nicht über mögliche Vergeltungsmaßnahmen aus Peking spekulieren. Der US-Regierung zufolge sind Einfuhren aus China im Volumen von 18 Milliarden Dollar von den neuen Maßnahmen betroffen.

Biden für fairen Wettbewerb

Für chinesische Elektroautos galten in den USA bereits Zölle von 25 Prozent, die sie – anders als in Europa – von dem Markt fernhielten. Chinesische Hersteller bekämen unfaire Subventionen und könnten dadurch mit billigen Fahrzeugen den Wettbewerb verzerren, sagte Bidens Wirtschaftsberaterin Brainard.

Die chinesischen Elektroauto-Exporte seien 2023 um 70 Prozent gestiegen – und das gefährde die Investitionen in anderen Ländern, argumentiert die US-Regierung. «Der Präsident wird das hier nicht zulassen», sagte Brainard. Unter anderem Tesla-Chef Elon Musk warnte bereits Anfang des Jahres vor der Übermacht chinesischer Hersteller: «Wenn es keine Handelsschranken gibt, werden sie die meisten anderen Autofirmen in der Welt so ziemlich zerstören.»

Biden habe in seiner Heimatstadt Scranton im Bundesstaat Pennsylvania gesehen, was passiere, wenn die Produktion in andere Länder abwandere, sagte die Handelsbeauftragte. Deshalb wolle er für fairen Wettbewerb sorgen. Biden, der sich im November zur Wiederwahl stellen will, machte in seiner Amtszeit Dutzende Milliarden für Investitionen unter anderem in die Chipbranche, Infrastruktur und Fertigung locker. Schon Bidens Vorgänger Donald Trump hatte Importe aus China mit Zöllen belegt.

Die weiteren Sonderzölle für chinesische Produkte im Detail:

– Solarzellen: Die Zölle steigen in diesem Jahr von 25 auf 50 Prozent. Die chinesischen Produktionskapazitäten in dem Bereich seien auf dem Weg, doppelt so hoch wie die kurzfristig erwartete globale Nachfrage zu sein, warnte Brainard. Auch dies gehe auf unfaire Praktiken zurück. In jedem Produktionsschritt kontrolliere China mehr als 70 Prozent der globalen Kapazität – und das gefährde die Versorgungssicherheit. In Deutschland schloss in Sachsen die Solar-Firma Meyer Burger aus der Schweiz ihren Produktionsstandort unter mit Verweis auf den Preisdruck aus Fernost.

– Hafenkräne: Für die großen Maschinen, die Schiffe be- und entladen, werden neue Zölle von 25 Prozent verhängt. Die US-Regierung will wieder mehr Hafenkräne im eigenen Land bauen. Im vergangenen Jahr gab es auch Warnungen, die in China gebaute Technik könne die Gefahr von Spionage oder Sabotage bergen.

– Medizinprodukte: Für Spritzen und Nadeln wird neu ein Zoll von 50 Prozent eingeführt. Für einige Schutzmasken steigen die Zölle von bislang maximal 7,5 Prozent auf 25 Prozent. Bei medizinischen Handschuhen wird die Erhöhung von 7,5 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2026 aufgeschoben.

– Halbleiter: Die Zölle sollen bis zum Jahr 2025 von 25 auf 50 Prozent steigen. Aus China kommen in die USA zwar nicht die modernsten Chips – aber Halbleiter-Technik aus älteren Produktionsprozessen, die etwa in Autos oder Hausgeräten zum Einsatz kommt. Biden nimmt zugleich 39 Milliarden Dollar in die Hand, um neue Chip-Fabriken in den USA zu subventionieren. Das wird auch als Frage der nationalen Sicherheit gesehen.

– Stahl und Aluminium: Für einige Metallprodukte steigen die Zölle von 7,6 auf 25 Prozent. Brainard verwies unter anderem darauf, dass die chinesische Stahlindustrie auf Produktionsprozesse mit höherem CO2-Ausstoß setze, während amerikanische Hersteller in klimafreundlichere Technologien investierten.

– Batterien: Bei Lithium-Ionen-Akkus für Elektroautos sollen die Zölle in diesem Jahr von 7,5 auf 25 Prozent steigen. Bei solchen Batterien für andere Technik wird die Erhöhung bis 2026 aufgeschoben. Zudem gibt es Zölle von 25 Prozent für einige Elektronik-Bauteile wie Magnete.

China bestreitet Vorwürfe

China beschwert sich immer wieder über die wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen der USA. Anstatt die von der WTO als Verstoß gewerteten Zölle unter Ex-Präsident Donald Trump zu korrigieren, politisierten die USA weiter in Wirtschafts- und Handelsfragen, sagte kürzlich der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Lin Jian. Peking werde alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um seine Interessen zu verteidigen.

China bestreitet, durch seine Wirtschaftspolitik Überschuss zu fördern. «Das sogenannte Problem chinesischer Überkapazität gibt es nicht, weder aus Sicht eines komparativen Vorteils noch im Lichte der weltweiten Nachfrage», betonte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping jüngst in Frankreich bei seinem Europa-Besuch. Stattdessen argumentiert die Volksrepublik, ihre Industrie für «grüne Energie» habe den globalen Inflationsdruck gemindert und zum Kampf gegen den Klimawandel beigetragen. US-Minister hatten schon bei zurückliegenden China-Besuchen die wirtschaftlichen Praktiken der Chinesen kritisiert.

China hat den USA nach der Ankündigung neuer Strafzölle mit Konsequenzen gedroht. «Die USA sollten ihre falschen Praktiken sofort korrigieren und die gegen China verhängten Zusatzzölle aufheben», hieß es in einer Mitteilung des Pekinger Handelsministeriums. China werde «entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine eigenen Rechte und Interessen zu verteidigen».

Scholz verweist auf Austausch mit China

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich zurückhaltend zu möglichen EU- Strafzöllen auf chinesische Elektrofahrzeuge geäußert. Bei seinem Besuch in Stockholm wies der SPD-Politiker auf den «wechselseitigen Austausch» zwischen der Europäischen Union und China hin.

«Europäische Hersteller sind erfolgreich auf dem chinesischen Markt und verkaufen auch sehr viele Fahrzeuge, die in Europa produziert werden, nach China», sagte Scholz nach einem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Zudem kämen 50 Prozent der aus China importierten Elektroautos von westlichen Marken, die dort produzieren.

EU-Kommission reagiert zurückhaltend

Die EU-Kommission hat zurückhaltend auf neue US-Sonderzölle gegen Elektroautos aus China reagiert. Die Behörde nehme die Entscheidung der Amerikaner zur Kenntnis und prüfe, welche Auswirkungen diese auf die EU haben könnte, sagte ein Sprecher der Kommission in Brüssel. Details dazu, wie die Kommission den Schritt der Amerikaner bewertet, nannte der Sprecher zunächst nicht. 

Die EU untersucht derzeit selbst, inwiefern China den Markt für E-Autos verzerrt. Auch dazu nannte ein Sprecher am Dienstag keine neuen Details. Eine Entscheidung, ob die EU etwa Strafzölle erhebt, steht noch aus.

Von Andrej Sokolow, dpa

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