Angesichts der explodierenden Inflation warnen Ökonomen vor verheerenden Folgen für die britische Wirtschaft. Es bestehe «die wachsende Möglichkeit einer tieferen Rezession», schrieb das unabhängige Wirtschaftsforschungsinstitut NIESR in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht.
Dies werde Millionen Menschen treffen, vor allem finanziell schwächere Haushalte, hieß es. Erstmals seit den 1970er Jahren drohe eine Stagflation, also eine Mischung aus hoher Inflation und Arbeitslosigkeit sowie stagnierender Wirtschaftsleistung.
Die Wirtschaft werde dieses Jahr um 3,5 Prozent wachsen, aber 2023 nur noch um 0,5 Prozent, schätzt das National Institute of Economic and Social Research (NIESR). Etwa 2,5 Millionen Haushalte würden aufgrund der steigenden Lebenskosten ihre Ersparnisse aufbrauchen. Das bedeute, dass bis 2024 jeder fünfte Haushalt keine Rücklagen mehr haben werde. Die Zahl der Haushalte, die von Gehalt zu Gehalt lebten, werde sich 2024 auf 6,8 Millionen fast verdoppeln. Das seien 25 Prozent des Landes.
Das liegt auch daran, dass nach NIESR-Berechnungen die Reallöhne dauerhaft niedriger sein werden. Allein in diesem Jahr würden sie um 2,5 Prozent sinken und bis 2026 um 7 Prozent unter dem Niveau von vor der Corona-Pandemie liegen. Das Institut machte dafür vor allem die Auswirkungen des Brexits sowie die steigenden Preise für Strom und Gas verantwortlich.
«Alle Haushalte sind mit steigenden Energie- und Lebensmittelrechnungen konfrontiert, aber zu viele müssen auf Kredite zurückgreifen, Zahlungsrückstände aufbauen oder ihre Ersparnisse vernichten», sagte NIESR-Vizedirektor Adrian Pabst. Sein Kollege Stephen Millard forderte die britische Zentralbank auf, die Inflation unter Kontrolle zu bekommen. Dafür sei vermutlich ein Leitzins von 3 Prozent nötig, sagte Millard. Die künftige Regierung müsse zudem finanziell schwache Verbraucher noch stärker entlasten, etwa indem sie die als Universal Credit bekannte Sozialhilfe erhöhe und weitere Rabatte auf Energierechnungen gewähre.
Die Inflation wird nach Einschätzung des Instituts im letzten Quartal dieses Jahres auf knapp 11 Prozent schnellen, aber bis Ende 2023 wieder auf 3 Prozent sinken.