Die Buchpreis-Gewinnerin Antje Rávik Strubel hat die deutsche Rechtsprechung im Umgang mit sexuellem Missbrauch kritisiert. Es sei «erschreckend», wie wenige Fälle überhaupt zur Anzeige kämen, sagte die Autorin am Mittwoch auf der Frankfurter Buchmesse.
Noch viel seltener würden die Täter verurteilt. Ein Grund dafür sei, «dass den Frauen nicht geglaubt wird.» Anders als etwa in skandinavischen Ländern seien die Frauen zudem gezwungen, den Tätern vor Gericht wiederzubegegnen.
Ihr Roman «Blaue Frau», der am Montag mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, handelt von einer jungen Frau aus Tschechien, die in Deutschland vergewaltigt wird und nach Finnland flieht. Während sie an dem Buch schrieb, habe sie immer häufiger von sexuellen Übergriffen erfahren, auch im persönlichen Umfeld, erzählte die 47-Jährige auf dem «Blauen Sofa». Dadurch sei ihr klar geworden, dass dies das Thema des Romans sein müsse.
Beim Schreiben habe sie «zwischenzeitlich Zorn empfunden», gab die Autorin zu. Sie habe dann mit dem Weiterschreiben gewartet, bis der Zorn sich abgekühlt habe – «sonst wird es eine Kampfschrift». Die Wirkung eines literarischen Textes sei «subtiler». Ziel sei es gewesen, ihrer Hauptfigur Adina «poetische Gerechtigkeit» widerfahren zu lassen, «wenn es schon keine andere Gerechtigkeit gibt».