Eine Verstaatlichung des Energiekonzerns Uniper steht allem Anschein nach kurz bevor. Zuletzt verdichteten sich die Hinweise, dass der angeschlagene Gasimporteur mehrheitlich vom Bund übernommen wird. Währenddessen geht die Debatte über die staatliche Gasumlage weiter.
Ein neues Stabilisierungspaket sieht einen Kauf der derzeit vom finnischen Energiekonzern Fortum gehaltenen Uniper-Aktien durch den Bund vor, wie Deutschlands größter Gasimporteur am Dienstag mitteilte. «Im Ergebnis ist vorgesehen, dass der Bund damit eine signifikante Mehrheitsbeteiligung an der Uniper erhält», hieß es weiter. Geplant ist demnach außerdem eine Kapitalerhöhung in Höhe von acht Milliarden Euro, die ausschließlich durch den Bund gezeichnet werden soll.
Der Konzern betonte gleichzeitig, eine finale Vereinbarung sei noch nicht geschlossen. Man befinde sich noch in abschließenden Gesprächen mit dem Bund und Fortum. Der finnische Konzern hält derzeit knapp 78 Prozent an Uniper. Über den möglichen Kaufpreis wurde nichts bekannt.
Spahn: «Gasumlage gehört abgeschafft»
Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Jens Spahn begrüßte die bevorstehende Verstaatlichung – es brauche aber Klarheit über Kosten und die Rolle des finnischen Großaktionärs. Spahn sagte im Fernsehsender Welt: «Wir wollen gerne mal sehen, welche Milliardensummen mittlerweile insgesamt für Uniper aufgewendet worden sind. Und eines ist auch ziemlich klar: Die Gasumlage braucht es dann erst recht nicht mehr, wenn es ein Staatsunternehmen ist, dann sollte eben auch der Staat dort entsprechend über Bürgschaften zum Beispiel die Gaslieferungen absichern, aber nicht die Bürger zusätzlich belasten. Die Gasumlage gehört abgeschafft. Das ist spätestens jetzt klar.»
Auch nach Ansicht des energie- und klimapolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Andreas Jung (CDU), ist die Umlage nicht mehr zu halten. «Wenn schon ihr Erfinder sogar die Rechtmäßigkeit in Frage stellt, gibt es kein Halten mehr», sagte er der «Rheinischen Post». «Die Gasumlage muss weg. Die Ampel muss jetzt zurück auf Los und das Gesamtgebäude von Stützung und Unterstützung in der Energiekrise neu bauen.»
Habeck äußert Zweifel
Angesichts der möglichen Verstaatlichung Unipers hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur zuvor «finanzverfassungsrechtliche Zweifel» geäußert. Auch soll Habeck demnach angedeutet haben, dass der Finanzierungsbedarf für die Gasversorger deutlich höher liege als noch bei der Aushandlung des ersten Rettungspakets für Uniper. Es werde zunehmend deutlich, dass die instabile Lage «die Macht und die Garantie des Staates sowie alle Finanzkraft des Staates» brauche, die nötig sei, hieß es. Die finale Prüfung und Zuständigkeit für das Finanzverfassungsrecht obliege aber dem Finanzministerium. Zuvor hatte das ARD-Hauptstadtbüro über die Bedenken Habecks berichtet.
Vom Bundesfinanzministerium hieß es auf dpa-Anfrage: «Es bestehen keine Rechtsbedenken. Wirtschaftsminister Habeck kann wie geplant die von ihm vorgeschlagene Gasumlage einführen.»
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, sagte der «Rheinischen Post»: «Sollte der Bund kurzfristig gezwungen sein, mit weiteren Milliarden eine Mehrheitsbeteiligung von Uniper anzustreben, ist in der Folge der Großteil des Gas-Einkäufermarkts in staatlicher Hand.» Das schaffe auf der einen Seite zusätzliche Stabilität in Krisenzeiten. «Gleichzeitig muss das Bundesfinanzministerium nun abschließend und schnell klären, ob eine Gasumlage unter diesen Umständen finanzverfassungsrechtlich unbedenklich bleibt. Alternativ ist eine direkte Stützung durch Haushaltsmittel immer noch ein gangbarer Weg, den wir als Grüne nie ausgeschlossen haben.»
FDP-Fraktionschef Christian Dürr forderte schnelle Klärung vom Wirtschaftsminister. «Bundeswirtschaftsminister Habeck hat die Gasumlage ins Spiel gebracht, und ich gehe davon aus, dass er in Kürze Klarheit schaffen wird, auf was sich die Verbraucherinnen und Verbraucher einstellen müssen. Nichtstun ist in keinem Fall eine Option», sagte er der «Rheinischen Post».
Mittelstand kritisiert Gasumlage
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) dringt auf ein Aus der Umlage. Sie sei von Beginn an mit «heißer Nadel gestrickt und von handwerklichen Fehlern durchzogen» gewesen, sagte der BVMW-Bundesvorsitzende Markus Jerger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Viele Unternehmen hätten für die Erklärungen zur Gasumlage aus dem Bundeswirtschaftsministerium nur noch Unverständnis übrig. Der Verbandschef forderte die Bundesregierung auf, mehr für eine preisliche Entlastung bei der Energie zu tun.
Mit der Gasumlage sollen Importeure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise in Schwierigkeiten geraten. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Die ersten Abschlagszahlungen sollen nach aktuellem Stand frühestens im November an Unternehmen gehen. Eingeführt werden soll die Umlage zum 1. Oktober. Habeck bemüht sich, den Kreis berechtigter Firmen so einzuschränken, dass nur Unternehmen in Not profitieren.
Uniper ist in Schieflage geraten, weil Russland kein Gas mehr nach Deutschland pumpt. Der Gas-Großhändler ist Lieferant für über 100 Stadtwerke und große Unternehmen und spielt damit eine zentrale Rolle für die deutsche Gasversorgung. Das fehlende Gas muss sich das Unternehmen jetzt teuer auf dem Gasmarkt kaufen.