Blick auf Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Stefan Sauer/dpa)

Die Bundesregierung will das Gasunternehmen Gazprom Germania mit einem Milliardenbetrag stützen, um eine Pleite zu verhindern. Damit solle die Versorgungssicherheit in Deutschland gewährleistet werden, teilte die Bundesregierung am Dienstag in Berlin mit.

Nach Angaben aus Regierungskreisen geht es um eine Summe zwischen neun und zehn Milliarden Euro. Geplant sind demnach Hilfen über die staatliche Förderbank KfW.

Schlüsselunternehmen für Gasversorgung in Deutschland

Die Gazprom Germania GmbH sei ein Schlüsselunternehmen für die Gasversorgung in Deutschland, erklärte die Bundesregierung. Das durch Sanktionen von russischer Seite ins Straucheln geratene Unternehmen solle über ein Darlehen vor der Insolvenz bewahrt werden: «Mit diesem Vorgehen behält die Bundesregierung den Einfluss auf diesen Teil der kritischen Energieinfrastruktur und verhindert eine Gefährdung der Energiesicherheit.»

Anfang April hatte der Bund über die Bundesnetzagentur die Kontrolle über die deutsche Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom übernommen. Die Bundesnetzagentur wurde Treuhänderin.

Russland hatte aber Mitte Mai Sanktionen gegen die Gazprom Germania und nahezu alle Töchter der Gazprom Germania verhängt und so eine «finanzielle Schieflage» des Unternehmens verursacht, wie es seitens der Bundesregierung hieß.

Gazprom Germania: Verschlechterung der finanziellen Lage

Die infolge der russischen Sanktionen ausgefallenen Gaslieferungen und die dadurch notwendigen Ersatzbeschaffungen zu aktuell sehr hohen Marktpreisen hätten die finanzielle Lage der Gazprom Germania so sehr verschlechtert, dass die Bundesregierung die Liquidität mit einem KfW-Darlehen absichern müsse.

Mit dem Darlehen wolle die Bundesregierung eine Insolvenz der Firma abwenden und Folgeeffekte im Markt verhindern. Das Geld diene der Liquiditätssicherung und der Ersatzbeschaffung von Gas.

Die Treuhandverwaltung der Gazprom Germania über die Bundesnetzagentur soll außerdem längerfristig abgesichert werden, über September hinaus. Dazu soll die Treuhandverwaltung auf eine neue gesetzliche Grundlage gesetzt werden.

Die Gazprom Germania wird außerdem in «Securing Energy for Europe GmbH» umbenannt. Damit solle ein deutliches Signal in den Markt gehen, dass das Ziel der getroffenen Maßnahmen ist, die Energieversorgung in Deutschland und Europa zu sichern.

Die Bundesregierung prüfe Möglichkeiten, das Darlehen in Eigenkapital umzuwandeln, um so auch langfristig die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das würde bedeuten, dass der Staat beim Unternehmen einsteigt.

Gazprom drosselt Gaslieferungen

Der russische Energieriese Gazprom verringert die maximalen Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream nach Deutschland um 40 Prozent. Grund seien Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die Firma Siemens, teilte der Staatskonzern am Dienstag mit. Ein Gasverdichteraggregat sei nicht rechtzeitig aus der Reparatur zurückgekommen. Deshalb könnten täglich nur noch bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas durch die Pipeline gepumpt werden – rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen.

Der Bundesnetzagentur zufolge fallen die Liefermengen über Nord Stream bereits seit einigen Tagen. Allerdings heißt es in ihrem Tagesbericht auch: «Die rückläufigen Flüsse aus Nord Stream 1 folgen Marktgeschehen und Händlerverhalten. Der Rückgang folgt auch den ausbleibenden Gasmengen in Folge des Lieferstopps gegenüber den Niederlanden und Dänemark.» Die Behörde kündigte an, im Laufe des Tages eine aktualisierte Lagebewertung zu veröffentlichen.

Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas

Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas. Zuvor war schon die Leitung Jamal-Europa nicht mehr befüllt worden. Reduziert ist auch die Durchleitung von russischem Gas durch die Ukraine, die deutlich unter Plan liegt. Bereits durch die bisherigen Einschränkungen hatten sich die Energiepreise erhöht, weil insgesamt weniger Gas von Russland nach Europa fließt. Die fertige Gaspipeline Nord Stream 2 ist bisher nicht in Betrieb genommen worden.

Die russische Führung hat stets betont, ein verlässlicher Gaslieferant zu sein. Dennoch gibt es Befürchtungen im Westen, dass Gazprom zum Beispiel im Streit über Zahlungsmodalitäten den Hahn zudreht. Eigentlich sollen die Gasspeicher in Deutschland schnell gefüllt werden, um im Winter bei einem Ausbleiben der Lieferungen genügend Gas zu haben. Im Moment sind die Speicher zu etwa 55 Prozent gefüllt. Die Bundesregierung hofft zudem, schnell Terminals an der Nordsee in Betrieb nehmen zu können, damit Flüssiggas per Schiff angeliefert werden kann.

Die Bundesregierung sieht die Versorgungssicherheit bei Gas nach eigenen Angaben dennoch als gewährleistet an. «Wir beobachten die Lage und prüfen den Sachverhalt», sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Siemens Energy kündigte eine Mitteilung für den späten Nachmittag an.

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