Der VW-Aufsichtsrat will am Donnerstag heikle Fragen festzurren. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

Volkswagen sieht gute Chancen, den globalen Chipmangel 2022 zusehends besser in den Griff zu bekommen. Für den Auf- und Ausbau der Batteriesparte tut sich der Autokonzern außerdem mit weiteren Partnern zusammen.

Technik- und Investitionsschwerpunkte der nächsten fünf Jahre gehören auch zu den Themen des Aufsichtsrats, der sich am Donnerstag zu einer Sitzung treffen soll. Dabei könnten überdies einige wichtige Personalentscheidungen gefällt werden.

Bei den industrieweit großen Lieferproblemen mit Mikrochips rechnet der Autokonzern aus Wolfsburg mit einer allmählichen Entspannung im neuen Jahr. Einkaufschef Murat Aksel, der eine Taskforce zu der Beschaffungskrise mit leitet, deutete am Mittwoch eine Stabilisierung an – bei gleichzeitig aber wohl noch weiter bestehenden Engpässen.

VW rechnet mit Schwankungen

«Im Gesamtjahr erwarten wir gegenüber 2021 eine leichte Verbesserung in der Halbleiterversorgung», hieß es. VW erklärte, man setze 2022 auf «sukzessive Erholung». Die Herstellung von Autos, die auch bei anderen Herstellern derzeit oft nur auf Sparflamme läuft, könne sich festigen. Die erste Jahreshälfte dürfte allerdings schwierig bleiben – mit anhaltenden Schwankungen und nur eingeschränkter Planbarkeit. VW geht von einem «sehr volatilen und anspruchsvollen» Zeitraum aus.

Im Hinblick auf die mittlere Frist beschäftigt sich das 20-köpfige Kontrollgremium mit den Ausgaben und der Modellbelegung für das weltweite Werksnetz während der kommenden fünf Jahre. So erhofft sich der Betriebsrat neben dem E-Modell Trinity, für das sogar eine eigene Fabrik geprüft wird, mindestens einen zusätzlichen Stromer für den Stammsitz Wolfsburg. Dort war die Auslastung auch wegen der Folgen der Chipkrise zuletzt gering – was die Sorge mancher Beschäftigter vor möglichen Kürzungen noch verstärkte. In diesem Zusammenhang wurde die Kritik an Diess aus Teilen des Aufsichtsrats wieder größer.

Neuer interner Konflikt

Im Nachgang zu einer turbulenten Sitzung im September hatte sich ein neuer Konflikt hochgeschaukelt. Betriebsratschefin Daniela Cavallo kritisierte den Vorstandschef wegen der Irritationen, die nach Überlegungen zu womöglich Zehntausenden überschüssigen Stellen entstanden waren. Diess erklärte, man habe ihn wohl missverstanden – er habe lediglich Extremszenarien diskutieren und auf eine zukünftig schlagkräftigere Rolle der Wolfsburger Zentrale hinweisen wollen. Ein Vermittlungsausschuss des Aufsichtsrats traf sich daraufhin mehrmals, um Lösungen zu suchen, die den reformfreudigen Manager im Amt halten und zugleich die Wogen im Zoff mit der Arbeitnehmerbank glätten.

In Anbetracht dieser Debatten könnten nun möglicherweise gleich mehrere Top-Personalien bei VW beschlossen werden. Das Unternehmen kommentierte entsprechende Medienberichte am Mittwoch nicht. Unklar war in den vergangenen Wochen aus Sicht verschiedener Akteure aus dem VW-Umfeld vor allem, wie Diess‘ Zukunft aussieht. Ob und wie genau sich einzelne Positionen ändern, wurde zunächst nicht bestätigt.

Theoretisch denkbar wäre außer einem Abgang von Diess oder einer Weiterbeschäftigung im bisherigen System etwa eine Mischlösung: Demnach bliebe er formal Konzernchef, würde sich in seiner Funktion jedoch auf eine Art strategische Gesamtplanung konzentrieren. VW-Kernmarkenchef Ralf Brandstätter wurde als zusätzliches Mitglied des Konzernvorstands und als China-Chef ins Spiel gebracht.

Das könnte nach Interpretation einiger Beobachter weniger operativen Einfluss für Diess bedeuten, der bisher auch für das China-Geschäft insgesamt zuständig ist. Hingegen würde die weitere Koordination der eigenen Software-Sparte Cariad explizit dem Konzernchef zugeschrieben – es ist für Diess auch eines der zentralen Zukunftsthemen der Autobranche. Zu den Chancen eines solchen Modells wollten sich Unternehmen und Eigentümer vor der Entscheidung nicht äußern.

Ausbau der Elektromobilität

Bereits sicher ist, dass Volkswagen in der bevorstehenden Zeit weiter dem Ausbau der Elektromobilität eine sehr hohe Priorität einräumen wird. Der Konzern kündigte an, mit dem belgischen Recycling- und Materialtechnik-Unternehmen Umicore sowie mit dem US-Start-up 24M zusammenzuarbeiten. Zudem sollen in mittlerer Frist Verbindungen des Rohstoffs Lithium auch aus deutschen Vorkommen gefördert und mehrere Projekte zur Erzeugung erneuerbarer Energien vorangetrieben werden.

In Europa will VW zunächst sechs eigene Fabriken für Batteriezellen bauen. Neben Salzgitter ist Skellefteå in Nordschweden schon gesetzt, ein dritter Standort in Spanien hat gute Chancen. Der Autobauer kooperiert bereits mit Spezialfirmen wie Northvolt aus Schweden oder Gotion aus China. Ziel ist es, die noch recht starke Abhängigkeit von externen Zelllieferanten zu durchbrechen und eine profitable Großserienproduktion eigener Batteriesysteme aufzusetzen.

Von