Sänger Toni Krahl (l.) und Georgi Gogow beim Abschiedskonzert in Berlin. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Annette Riedl/dpa)

«Vielen vielen Dank. Love and Peace!» Nach diesen Worten von Toni Krahl (73), Sänger der Band City, fällt der schwarze Vorhang vor der Bühne – und ein Stück Rockgeschichte ist zu Ende.

Nach 50 gemeinsamen Jahren geht die erfolgreiche Berliner Band mit Wurzeln in der DDR in die Rockerrente; wie schon vor einigen Jahren die Puhdys. An ihrem letzten Abend gaben die Musiker noch einmal alles: Vor Tausenden Fans in der Mercedes-Benz-Arena standen die Herren im Seniorenalter fast drei Stunden lang auf der Bühne – ohne Pause.

Schon der Beginn des lang angekündigten allerletzten Konzerts ist besonders: Krahl und seine Mitstreiter Fritz Puppel (78), Joro Gogow (74) und Manfred Hennig (70) haben noch kein Instrument in der Hand – und dennoch erheben sich ihre mit in die Jahre gekommenen Fans und klatschen. Dann kommt das erste gesungene City-Statement: «Ob Osten, Westen, Süden oder Norden. Wir sind zusammen groß geworden», singt Krahl. Die rockige Hymne «Come Together» erschien erst in diesem Jahr.

«Eine Bitte: Macht uns den Abschied wirklich schwer!», sagt der Sänger den Fans, die er «unsere Gemeinde» nennt. Viele tanzen und singen mit in der riesigen Konzerthalle, in die weit über 10.000 Menschen passen. Kaum ein Platz ist frei.

Henry Hübchen rockt

Auch auf der Bühne wird es im Verlauf des Abends immer voller. Es gibt ein Wiedersehen mit so manchem bekannten Musiker, der schon in der DDR Erfolg hatte. Gitarrist Uwe Hassbecker und Keyboarder Ritchie Barton von Silly sind dabei, auch Rockhaus-Gitarrist Reinhard Petereit. Den Musikern ist anzumerken, dass sie gemeinsam viel Spaß haben. Zum Schluss kommt noch Schauspieler Henry Hübchen und singt den City-Hit «Casablanca». Er hatte ihn in den 80er Jahren komponiert.

Die Fans bekommen auch einen Mann zu Gesicht, der seit Jahrzehnten zu City gehört, aber immer im Hintergrund blieb und nun erst seinen Applaus erhält: Alfred Roesler-Kleint. «Er ist unser Dichter und Denker», sagt Krahl. Seit Mitte der 80er Jahre habe Roesler-Kleint mehr als 100 Gedichte für City geschrieben. Darunter auch «Wand an Wand». «Er hat uns auch einigen Ärger eingebracht», sagt Krahl schmunzelnd, denn manche Texte waren so kritisch, dass sie den DDR-Oberen nicht gefielen.

Zwei Jahre vor dem Mauerfall thematisierte City in «Wand an Wand» und «Halb und Halb» die deutsche Teilung. Krahl erinnert sich auch daran, dass Margot Honecker einst über eine Schallplatte der bekannten Band sagte: «Mit diesem Album hat City den Boden des Sozialismus verlassen.»

Der charismatische Frontmann der Band – Glatze, Sonnenbrille, schwarze Jeans, schwarzes Shirt, buntes weit geöffnetes Hemd und dicke Halsketten – hat immer wieder Anekdoten parat. Wenn er singt, ist der schlanke 73-Jährige meist in Bewegung. Und ob rockige Hits, bei denen man das Alter der Musiker vergisst, oder ruhige Liebeslieder: Die unverwechselbare rauchige Stimme von Krahl und seine Inbrunst machen jeden Song besonders.

Erinnerung an Klaus Selmke

Es gibt, wie auf jedem Konzert der langen «Letzte Runde»-Tour in diesem Jahr, auch einen traurigen Moment. Krahl schildert: «Wir als Band mussten vor zweieinhalb Jahren unseren ‚General‘ Klaus Selmke auf seinem letzten Weg begleiten. Wir sind einfach nur unfassbar traurig.» Dann singt er den für den Barfuß-Drummer geschaffenen Song «War gut». Danach wird die Bühne dunkel, ein Foto von Selmke ist groß zu sehen. Die Fans stehen auf und klatschen lange. Der Schlagzeuger hatte City 1972 in Berlin-Köpenick zusammen mit dem Band-Ältesten Fritz Puppel gegründet.

«50 Jahre bedeuten ja Goldene Hochzeit», sagt Krahl mit Blick auf das Band-Jubiläum. «Das ist ne Party: Goldene Hochzeit und Scheidung auf einem Fest! Olaf Scholz würde sagen: Das ist ein Doppel-Wumms.» Fest steht: Nach der Party ist zwar Schluss für City. Aber mit Musik aufhören will keiner der Vier.

Von Sophia-Caroline Kosel, dpa

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