Nikolai Setzer, Vorstandsvorsitzender der Continental AG. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Michael Matthey/dpa)

Continental-Chef Nikolai Setzer will Lehren aus der teils heftigen Kritik an den Stellenstreichungen und Schließungen in einigen Werken ziehen.

«Natürlich gibt es immer Dinge, die man besser machen kann», sagte er den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX im Rückblick auf die umstrittenen Entscheidungen. Aus diesen Erfahrungen könne auch das Management lernen. Insgesamt hält er die Abstimmungsprozesse, die größtenteils in die Zeit vor seinem Wechsel an die Unternehmensspitze fielen, jedoch für solide: «Wir waren so transparent, wie es in so einer komplexen Situation möglich war.» Der Standort Deutschland insgesamt bleibe überdies zentral für Conti.

Der Dax-Konzern hatte im vergangenen Jahr erklärt, dass sich manche Fabriken mittelfristig nicht mehr auslasten ließen. Für etliche Beschäftigte kam das relativ überraschend. So sollte das Reifenwerk in Aachen zunächst bereits bis Ende 2021 dichtgemacht werden. Der Schritt löste Proteste aus: Die Gewerkschaften IG BCE und IG Metall fühlten sich nicht hinreichend einbezogen, NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nannte das Vorgehen von Continental anfangs «kalten Kapitalismus». Die Hannoveraner steuerten jedoch nach.

Unter anderem erhielt Aachen eine Gnadenfrist für ein weiteres Jahr. Verhandlungen mit Belegschaftsvertretern ergaben dann, dass auf betriebsbedingte Kündigungen «wo immer möglich» verzichtet wird und eine kleine Gruppe auch 2023 noch dort bleibt. Außerdem sollen so viele Beschäftigte wie möglich für neue Jobs weiterqualifiziert werden. Auch an anderen Standorten laufen solche Programme.

«Hohe Zustimmungswerte bei Mitarbeitern»

Interne Umfragen zeigten, dass das Vertrauen der Belegschaft in das Unternehmen sehr hoch sei, betonte Setzer: «Wir verfügen über hohe Zustimmungswerte, sowohl bei den Führungskräften als auch bei den Mitarbeitern. Natürlich gibt es immer Kritikpunkte und Aspekte, die man verbessern kann. Und die schauen wir uns auch klar an.»

Conti könne sich indes nicht von äußeren Entwicklungen lösen. «Wir haben in vielen Bereichen Geschäfte, die sich stark gewandelt haben, wie beispielsweise von analog zu digital – etwa bei den Displays im Auto», erklärte Setzer. «Wir haben einige Produkte, die schlichtweg wegfallen, wie beispielsweise analoge Geschwindigkeitsanzeigen. Wir sind einer Veränderung ausgesetzt, der wir uns nicht entziehen können. Im Gegenteil, wir gehen mit dem Markt. Das kann bedeuten, manchmal auch schmerzliche Entscheidungen zu treffen.»

Die Strategie «Transformation 2019-2029» komme voran. Man führe die Gespräche zur weiteren Umsetzung «mit offenem Visier», so Setzer. «Bei allen Projekten haben wir tragfähige Lösungen mit unseren Sozialpartnern verhandelt. Das kann eine substanzielle Veränderung für Betroffene bedeuten.»

Der nach Bosch zweitgrößte deutsche Automobilzulieferer baut verstärkt das Geschäft mit Elektronik und Software aus. Aber auch das klassische Reifengeschäft, mit dem Conti einst groß wurde, hat für Setzer Potenzial – etwa bei sensorunterstützten, «smarten» Modellen.

Das Traditionswerk Hannover-Stöcken habe sich zu einem Zentrum für Entwicklung und Recycling-Konzepte gewandelt. «Natürlich ist es schade, dass wir dort nicht weiter Reifen herstellen konnten», meinte Setzer. «Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir beschäftigen heute mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Stöcken als zuvor. Und noch dazu mit deutlich höher qualifizierten Arbeitsplätzen.»

Deutschland werde als Heimatstandort für Conti weiter eine wichtige Rolle spielen – auch nach der Abspaltung der Antriebssparte in die neue Firma Vitesco. «Nach dem Spin-Off von Vitesco Technologies beschäftigen wir knapp 50.000 von unseren 193.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Deutschland», erläuterte Setzer. «Wir haben viele Kompetenzzentren hier, neben Hannover unter anderem Frankfurt und Regensburg. Deutschland behält bei uns wegen der technologischen Kompetenz und der Zentralfunktionen eine sehr hohe Bedeutung.»

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