Immer mehr Bundesbürger können daheim sehr schnell im Internet surfen.
Bis Jahresende seien in Deutschland schätzungsweise 7,5 Millionen reine Glasfaser-Anschlüsse betriebsbereit, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie von Dialog Consult im Auftrag des Telekommunikations-Branchenverbandes VATM. Im vergangenen Jahr waren es 5,4 Millionen. «Das ist ein erheblicher Zuwachs», sagte Studienautor Torsten Gerpott. «Trotz Corona-Einschränkungen ist massiv gebaut worden.» Die Deutsche Telekom und Wettbewerber wie die Deutsche Glasfaser kamen dabei gut voran.
Es geht um «Fiber to the Home» (FTTH) oder «Fiber to the Building» (FTTB) – also Glasfaser, die auch auf der letzten Strecke bis zur Wohnung oder zumindest bis zum Gebäude liegt und nicht nur bis zum grauen Schaltschrank in der Straße. Solche Verbindungen gelten als besonders schnell und stabil. Bei anderen Übertragungsarten ist ebenfalls Glasfaser verbaut, aber nicht auf der kompletten Strecke – daher spricht man bei FTTH und FTTB von «reinen» Glasfaseranschlüssen.
Nicht alle Glasfaser-Anschlüsse genutzt
Nur ein Drittel der bereitliegenden reinen Glasfaser-Anschlüsse sind der Studie zufolge aktiviert – bei den anderen verzichten die Bewohner auf eine Nutzung. Der Telekommunikations-Professor Gerpott rechnet aber damit, dass künftig deutlich mehr Menschen von der Möglichkeit eines Glasfaser-Internetvertrags Gebrauch machen werden.
Nicht nur mit FTTH oder FTTB ist beim Surfen Gigabit-Tempo möglich, sondern auch mit Fernsehkabeln, die mit der «Docsis 3.1»-Technologie aufgerüstet wurden. Hierauf setzen Vodafone und andere Firmen – die Zahl der über diese Technologie erreichbaren Haushalte steigt in diesem Jahr der Studie zufolge um 1,2 Millionen auf 23,9 Millionen.
Fast vier Millionen Haushalte haben sogar die Auswahl zwischen reiner Glasfaser und Fernsehkabeln, um Gigabit-Geschwindigkeiten zu bekommen. Rechnet man diese Dopplungen heraus, haben insgesamt 27,5 Millionen Haushalte die Möglichkeit, sehr schnelles Festnetz-Internet zu bekommen – also zwei Drittel aller Haushalte.
Defizite bei der Digitalisierung der Verwaltung
Aus Gerpotts Sicht zeigen die Ausbauzahlen, dass Deutschland beileibe keine «digitale Wüste» ist. Nicht das Netz sei schwach, sondern die Anwendungsebene, sagte er und verwies auf eine mangelhafte Digitalisierung der Verwaltung und der Schulen. «Da haben wir wirklich Defizite.»
FTTH/FTTB hat gegenüber den Fernsehkabeln den Vorteil, dass es nahezu Echtzeit-Übertragungen bietet und dass die Übertragungsraten nicht sehr stark absinken, wenn abends die ganze Nachbarschaft im Internet ist und große Datenmengen braucht. Allerdings ist Fernsehkabel-Gigabit deutlich günstiger: Laut Preisvergleichsportal Verivox sind Gigabit-Tarife über Kabel schon ab etwa 40 Euro im Monat zu haben, bei FTTH liegt die Preisspanne im normalen Tarif in der Regel bei 70 bis 90 Euro, mit Ausreißern nach oben.
Vorteile abhängig von Anforderungsprofil
Was ist besser? «Das hängt vom individuellen Anforderungsprofil ab», sagt Gerpott. «Bin ich der große Gamer, der nicht immer niedergestreckt werden will vom Gegner mit seiner Maschinenpistole, dann spricht viel für einen FTTH-Anschluss.» Gehe es dem Kunden hingegen mehr um Videostreaming, dann sei vorteilhaft, dass er direkt vom Anbieter noch ein Videopaket buchen könne.
Die VATM-Studie zeigt auch, dass der Datenbedarf der Internetnutzer weiter stark steigt: 2021 werde voraussichtlich ein Datenvolumen von 102 Milliarden Gigabyte über das Festnetz abgewickelt, schätzen die Autoren. Wie schon im Vorjahr ist das ein Plus von etwa einem Drittel. Auf jeden Festnetz-Anschluss entfallen damit monatlich durchschnittlich 230,7 Gigabyte.