Für einen nachhaltigen Aufschwung der deutschen Wirtschaft müssen aus Sicht der Deutschen Industrie- und Handelskammer viele Bremsen gelöst werden. Zwar sei ein drohender Absturz der Konjunktur abgewendet worden. Die Wirtschaft aber befinde sich in einer Stagnation, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Donnerstag in Berlin. «Die Lage ist nicht befriedigend, wir müssen verdammt viel ändern.»
Wansleben nannte die im internationalen Vergleich hohen Energiepreise, den digitalen Wandel, den Mangel an Fachkräften aufgrund der demografischen Entwicklung und zu viel Bürokratie. Außerdem müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Die Wirtschaft sei zwar der Krise entkommen, Chancen könnten aber nicht genutzt werden, sagte Wansleben. Es gehe nun darum, flächendeckend Bremsen zu lösen.
Das Exportland Deutschland habe keinen Exportboom vor sich, obwohl sich Störungen bei internationalen Lieferketten aufgelöst hätten. Wansleben verwies auch auf ein milliardenschweres US-Investitionsprogramm – dabei sind Subventionen an eine Produktion in den USA geknüpft. Auch in der Politik wird befürchtet, dass deswegen Firmen eher in den USA als in Europa und Deutschland investieren.
Für 2023 wird eine «rote Null» erwartet
Insgesamt hat sich die Lage der Wirtschaft aber aufgehellt. Im Herbst hatte die DIHK vor dem Hintergrund vor allem drastisch gestiegener Energiepreise noch mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von rund drei Prozent gerechnet. Erwartet wird nun für dieses Jahr unterm Strich eine «rote Null». Das habe auch mit den Energiepreisbremsen der Bundesregierung zu tun, so Wansleben. «Damit hat sich einiges beruhigt, aber noch nichts belebt.»
Noch immer bewerteten drei von vier Unternehmen im Durchschnitt aller Branchen die hohen Energie- und Rohstoffpreise als Geschäftsrisiko, so die DIHK unter Verweis auf eine bundesweite IHK-Konjunkturumfrage unter rund 27.000 Betrieben. Die Firmen könnten zwar wieder besser planen, wenn auch auf einem deutlich höheren Kostenniveau. Damit kämen die Margen und die Investitionsmöglichkeiten unter Druck. «Nur wenn die Investitionen stärker anziehen, kann sich ein selbsttragender Aufschwung einstellen», so Wansleben.
Zuletzt hatte auch die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr angehoben. Sie rechnet nun mit einem geringen Wirtschaftswachstum statt mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts.
Nach der Konjunkturumfrage erwarten laut DIHK im Vergleich zum Herbst doppelt so viele Unternehmen, nämlich 16 Prozent, bessere Geschäfte in den nächsten zwölf Monaten. Der Anteil der Pessimisten, die im gleichen Zeitraum mit schlechteren Geschäften rechnen, liege bei 30 Prozent – im Herbst aber waren es noch 52 Prozent.
Hauptrisiko bleiben die Energie- und Rohstoffkosten, wie aus der Umfrage hervorgeht. Danach folgt der Fachkräftemangel. Demnach fürchten 60 Prozent der Unternehmen einen Personalmangel.