Die deutschen Anbieter von Elektroautos geraten einer Branchenanalyse zufolge im internationalen Vergleich weiter unter Druck – vor allem durch die neue Konkurrenz auch günstigerer Modelle aus China. «Im Unterschied zu Tesla und chinesischen Herstellern haben sie stärker mit Versorgungsengpässen und dem grundsätzlichen Markthochlauf zu kämpfen», schrieb Experte Stefan Bratzel in einer am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach.
Dabei komme immer stärker zum Tragen, dass Chinas Autobauer nicht nur nach wie vor den heimischen Markt – und damit den weltweit wichtigsten – beherrschen. Sie gäben sich auch in anderen Regionen zunehmend angriffslustig und setzten auf einen Ausbau ihrer Exporte.
In China selbst erzielten inländische Anbieter im vorigen Jahr nach Erhebungen des CAM teils schwindelerregende Wachstumsraten in den E-Auto-Verkäufen. Als Beispiele nannte Bratzel BYD (184 Prozent), Leapmotor (158 Prozent) oder GAC/Aion (119 Prozent). Derweil sänken in dem Land die Marktanteile der drei deutschen Konzerne Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz, wenn man alle Antriebsarten betrachte.
Modellpolitik spielt auch entscheidende Rolle
Beim Absatz reiner Stromer schneiden die Deutschen besser ab, so kamen etwa die VW-Konzernmarken 2022 in China auf ein Plus von 68,2 Prozent. Aber aus Bratzels Sicht spielt die Modellpolitik ebenso eine entscheidende Rolle: «Hinzu kommen die zahlreichen Expansionspläne und -schritte der Chinesen gen Westen, die zusätzlich das bisher schwach besetzte Klein- und Kompaktwagensegment avisieren.»
Auch bei den weltweiten Gesamtverkäufen von Elektrofahrzeugen hätten zuletzt andere die Nase vorn behalten. So habe Tesla mit mehr als 1,3 Millionen ausgelieferten E-Autos 2022 weiter deutlich in Führung gelegen, vor den beiden chinesischen Anbietern BYD und SAIC. Die Deutschen zusammen hätten gerade einmal etwas mehr reine Stromer verkauft (921.000) als BYD allein (911.000). Die VW-Gruppe landete in dieser Aufstellung in Summe auf Platz vier, BMW auf Rang sieben.
«Die Lage der deutschen Automobilhersteller ist höchst angespannt», hieß es zusammenfassend in dem Papier. «Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz steigern zwar allesamt ihre Elektro-Auslieferungen, können jedoch bei weitem nicht mit dem Tempo der Spitzengruppe um Tesla und BYD mithalten.» Laut Bratzel sind eine Erweiterung des Modellangebots und technische Innovationen nötig, «um ihre höheren Preise zu rechtfertigen und langfristig erfolgreich zu bleiben».