Unvergessen: Roger Willemsen (2012). (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa)

Sein Nachlass umfasst 39 Archivmeter und mehr als 150 Aktenordner, er galt als geistreicher Interviewer und Erzähler: Freunde und Weggefährten haben in der Berliner Akademie der Künste an Roger Willemsen (1955-2016) erinnert.

Willemsen war Schriftsteller, Fernsehmoderator und Filmproduzent, Literaturwissenschaftler, Essayist und Publizist. Und er reiste viel. Bücher, Filme, Talkshows, Briefe, Notizen: Wie viele Facetten das Werk hat, das er hinterließ, wurde am Donnerstagabend bei der Eröffnung seines Archivs deutlich.

Die meisten hätten Roger Willemsen als Moderator gekannt, aber er selbst habe sich als Schriftsteller identifiziert, erklärte Gabriele Radecke, die Leiterin des Literaturarchivs der Akademie. «Der Nachlass zeigt das – dass er im Grunde seines Herzens permanent geschrieben hat.» Nach Radeckes Einschätzung wird es mindestens fünf Jahre dauern, bis der Nachlass erschlossen ist. Das sei eine «intellektuelle Herausforderung». Sie versprach, das Werk werde nicht im Archiv verschwinden. Ein erster Auszug aus dem Nachlass wurde in einer Vitrinenausstellung präsentiert.

Willemsen gehörte zu den bekanntesten deutschen Intellektuellen. Zu seinen Büchern zählten beispielsweise «Das Hohe Haus» und «Momentum», im Fernsehen moderierte er Sendungen wie «Willemsens Woche».

Er starb 2016 im Alter von 60 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung. Heute ist in seiner Villa in Wentorf bei Hamburg ein Künstlerhaus untergebracht. Gegründet vom Mareverlag und Verleger Nikolaus Gelpke, vergibt die nach Roger Willemsen benannte Stiftung Stipendien an Kulturschaffende.

Die jahrelang mit ihm befreundete Literaturkritikerin Insa Wilke hatte den künstlerischen Nachlass der Akademie anvertraut. Sie führte durch den Abend in der Akademie und sprach mit Weggefährten Willemsens, es ging dabei auch um sein Engagement in Afghanistan. Auch alte Ausschnitte aus Radio und Fernsehen wurden vorgeführt, darunter ein Talkshow-Gespräch mit dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki. Unter den Gästen in der Akademie war der Musiker Campino von den Toten Hosen.

Der Schauspieler Matthias Brandt las aus Büchern wie «Die Enden der Welt» und erinnerte sich an gemeinsame Auftritte auf der Bühne. Auch wenn diese immer viel länger gewesen seien als die von Brandt favorisierten 90 Minuten: «Es war ein großes Vergnügen.» Was Willemsen aus seiner Sicht ausmachte: «Er konnte denken und fühlen gleichzeitig.» Das höre sich banaler an als es sei. Wilke zitierte einen Satz, den Roger Willemsen als sieben Jahre alter Junge gesagt haben soll: «Wie lecker ist das Essen und das Leben knusprig dazu.»

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