Rafael Nadal spielt einen Rückhand-Return. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andy Brownbill/AP/dpa)

Was für ein Comeback von Rafael Nadal! Der spanische Tennisstar greift bei den Australian Open zwei Wochen nach der erzwungenen Ausreise von Novak Djokovic tatsächlich nach seinem 21. Grand-Slam-Titel und dem Rekord.

Dank eines 6:3, 6:2, 3:6, 6:3 gegen den italienischen Wimbledon-Finalisten Matteo Berrettini zog Nadal in sein erstes Melbourne-Endspiel seit drei Jahren ein.

Spanier mit 500.Hartplatzsieg

«Es bedeutet mir eine Menge, hier wieder im Finale zu sein», sagte Nadal, als er nach seinem 500. Hartplatzsieg in der Rod-Laver-Arena interviewt wurde. Im Finale am Sonntag tritt die Nummer fünf der Welt gegen den russischen US-Open-Champion Daniil Medwedew oder den griechischen Weltranglisten-Vierten Stefanos Tsitsipas an. Das zweite Halbfinale stand am Freitag in der Nightsession an (9.30 Uhr deutscher Zeit/Eurosport).

Zwei Sätze lang hatte Nadal das Duell mit Berrettini eindrucksvoll beherrscht, dann schienen die Kräfte nachzulassen, aber er biss sich durch. 13 Jahre nach seinem bisher einzigen Australian-Open-Sieg sind Nadals Aussichten glänzend, sofern die Fitness für ein weiteres Match ausreicht. Nach monatelanger Turnierpause und einer komplizierten Fußverletzung darf der Spanier an den totalen Triumph glauben: Ein Sieg fehlt, dann lässt der 35-Jährige im faszinierenden Grand-Slam-Titelrennen seine in Melbourne nicht anwesenden Rivalen Djokovic und Roger Federer hinter sich. «Für mich geht es um die Australian Open – mehr als um alles andere», sagte Nadal nach dem Finaleinzug. «Ich habe nie an eine zweite Chance 2022 gedacht.»

Djokovic, Nadal und Federer gleich auf

Momentan stehen alle drei bei je 20 Trophäen bei den vier wichtigsten Turnieren. Melbourne-Rekordchampion Djokovic war für Australien der Favorit, der ungeimpfte Serbe musste wegen seines annullierten Visums aber noch vor dem Turnierstart wieder ausreisen. Der Schweizer Federer zweifelt wegen seiner langwierigen Knieprobleme am Comeback.

Kurz vor Nadals Halbfinale hatte es in Melbourne angefangen zu schütten, die Temperatur sank von 32 auf 22 Grad. Dass es in der Rod-Laver-Arena deutlich kühler als an den Tagen zuvor war, dürfte Nadal entgegengekommen sein. Unterm geschlossenen Dach begann die Partie so, wie er es sich gewünscht haben dürfte. Schnell lag der Linkshänder mit 3:0 vorn. Natürlich hatte Nadal begriffen, dass er die Vorhand von Berrettini besser vermeiden sollte. Oft drängte er den Weltranglisten-Siebten in seine schwächere Rückhand-Ecke und kam so zu Punkten. Seinen vierten Satzball nutzte er.

Im zweiten Abschnitt zog der Melbourne-Sieger von 2009 auf 4:0 davon, ehe der Italiener seinen Aufschlag durchbrachte. Nadal scheuchte Berrettini von links nach rechts, mit seiner Power und seinen präzisen Schlägen hatte er den ersten italienischen Herren-Halbfinalisten der Australian Open im Griff.

Nadal das sechste Mal im Finale von Melbourne

Ab dem dritten Satz verlief das Match deutlich ausgeglichener. Plötzlich musste Nadal zum 3:5 seinen ersten Aufschlagverlust hinnehmen, kurz daruf war der Satz weg. Ein wenig kamen Erinnerungen auf an das Viertelfinale am Dienstag, als Nadal gegen den Kanadier Denis Shapovalov Mitte des dritten Satzes mit Magenproblemen eingebrochen war und sich «zerstört» gefühlt hatte.

Auch diesmal schienen die Kräfte etwas nachzulassen. Nadal dominierte von der Grundlinie längst nicht mehr so wie noch in den Sätzen eins und zwei. Er bekam jedoch zwei Breakchancen beim 4:3 dank der Mithilfe Berrettinis. Die erste ließ der Spanier noch aus, bei der zweiten landete die Vorhand des Italieners im Netz. Es war die Vorentscheidung. Dass Nadal nun zum sechsten Mal im Endspiel der Australian Open steht, war nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Wimbledon, Olympia und die US Open verpasste er wegen seiner Fußprobleme. Kurz vor Weihnachten infizierte er sich mit dem Coronavirus – ein weiterer Rückschlag.

Was es ihm nun bedeuten würde, Djokovic und Federer mit dem 21. Titel hinter sich zu lassen, wurde Nadal schon vor dem Halbfinale gefragt. «Ich hoffe auf gar nichts mehr. Ich will nur weiterspielen, denn das bereitet mir die meiste Freude», antwortete er. «Ich glaube nicht, dass mein Glücksgefühl davon abhängig ist, ob ich mehr Grand-Slam-Turniere gewinne als andere oder andere mehr als ich.»

Von Kristina Puck, dpa

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