ZDF-Intendant Norbert Himmler setzt auf anspruchsvolle Unterhaltung ebenso wie auf unabhängige Information. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arne Dedert/dpa)

Das ZDF hat 60. Geburtstag. Am 1. April 1963 ging das Zweite Deutsche Fernsehen auf Sendung. Intendant Norbert Himmler hat auch manchen Grund zu feiern. Sein Mainzer Sender ist seit elf Jahren in Folge das erfolgreichste Programm Deutschlands. Über klassisches Fernsehen und Streaming erreichte die ZDF-Familie 2022 monatlich im Schnitt rund 82 Prozent der deutschen Bevölkerung ab drei Jahren. Übers Jahr lag die Einschaltquote des Hauptsenders bei 14,5 Prozent.

«Das Publikum schätzt unsere Angebote auf allen Ausspielwegen», sagte der Intendant dazu Ende Dezember. «Das bestärkt uns darin, mit allem Engagement unser Ziel weiter zu verfolgen: Ein ZDF für alle Menschen in Deutschland. Mit einem Programm, das mit anspruchsvoller Unterhaltung ebenso punktet wie mit unabhängiger Information.»

Weniger Krimis – mehr Streamingformate

Allerdings machte die Senderspitze am Lerchenberg auch deutlich, dass sie mit der Zeit gehen und Geld von Krimireihen mit wenig Erfolg beim jungen Publikum abziehen will – zugunsten von Streamingformaten. Ein Vorzeigeprojekt ist die Meeresthriller-Reihe «Der Schwarm». Dafür werden Serien wie «SOKO Hamburg» und «Letzte Spur Berlin» versenkt.

«Wir erreichen nicht mehr alle Gruppen gleichmäßig», so Himmler im November. «Um das zu ändern, schichten wir strategisch 100 Millionen Euro jährlich für neue und jüngere Zielgruppen um. Die Investition in neue Programminhalte bedeutet auch: weniger im linearen Programm und dafür mehr non-lineare Angebote für Jüngere.» Das sind dann solche Angebote, die im Internet abgerufen werden können. Einer gemeinsamen Mediathek mit der ARD erteilte Himmler allerdings eine klare Absage.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) spricht mit Blick auf «Das Zweite» von einer Erfolgsgeschichte. «Dem ZDF ist es stets gelungen, auch auf neuen Ausstrahlungswegen präsent zu sein und die Entwicklungen der Medienwelt mitzuprägen», lobt die Politikerin, die zugleich Verwaltungsratschefin des ZDF ist.

Am ersten Tag war um 21.54 Uhr Sendeschluss

Das ZDF saß nicht immer in Mainz. 1963 ging man noch aus Baracken in Eschborn bei Frankfurt/Main auf Sendung, alles in Schwarz-Weiß. Nach einer musikalischen Einstimmung begrüßte Gründungsintendant Karl Holzamer die Zuschauer um 19.30 Uhr. Dann folgten «heute»-Nachrichten und die Show «Berlin Melodie». Um 21.54 Uhr war für den ersten Tag schon wieder Sendeschluss. Holzamer war vor dem 60. Jubiläum ein eher unschönes Thema. Er soll eine zeitweilige Zugehörigkeit zur SA – das war die paramilitärische Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP – verschwiegen und eine von 1937 bis 1945 bestehende Mitgliedschaft in der NSDAP auf eine 1937 eingegangene und 1939 angeblich selbstständig aufgelöste Anwartschaft verkürzt haben, wie eine Untersuchung ergab.

1964 zog das ZDF nach Wiesbaden um, zehn Jahre später ging das Sendezentrum auf dem Mainzer Lerchenberg in Betrieb. Was seit den frühen 1970er Jahren ein optisches Markenzeichen des ZDF geblieben ist, ist die markante Schrift, entworfen von Grafikgenie Otl Aicher. Und zumeist kleingeschrieben. Typisch für diese leicht abgerundete Univers-Schrift ist etwa das markante kleine a in «auslandsjournal». Deutlich bekanntere Markenbotschafter sind aber die gut gelaunten Mainzelmännchen, die Wolf Gerlach für die Sendeanstalt erfunden hat.

Der Kanal mit orangem Logo war immer wieder ein Experimentierlabor und eine Sprungschanze für neue Talente. Sei es mit der vielfach preisgekrönten Arthouse-Reihe «Das kleine Fernsehspiel» zu nächtlicher Stunde. Sei es mit Streamingprojekten, vor allem für ZDFneo. Sei es mit respektlosen Showgrößen wie Jan Böhmermann und Oliver Welke.

Aber die Umwälzungen beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk gingen auch am Lerchenberg nicht spurlos vorbei. Aktuell arbeiten dort noch 3500 Beschäftigte. «Wir haben in den letzten zehn Jahren knapp 600 Stellen abgebaut», erzählte Himmler kürzlich. «Da sind wir an einer Grenze angelangt.» Er betonte: «Wenn Sie das Verhältnis von Mitarbeitenden und Budget im ZDF mit anderen öffentlich-rechtlichen Sendern vergleichen, werden Sie feststellen, dass das ZDF schlank aufgestellt ist.» Die größte Herausforderung sei, dass bis 2030 über 1000 Leute das ZDF verlassen werden, weil sie in Rente gehen. «Wir müssen daher für neue Kolleginnen und Kollegen ein attraktiver Arbeitgeber sein.»

Von Christof Bock, dpa

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