Die Deutsche Umwelthilfe hat das deutsche Pfandsystem, das vom kommenden Jahr an ausgeweitet wird, als Erfolg bezeichnet. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Lino Mirgeler/dpa)

Mit Kohlensäure heißt mit Pfand. Ohne Kohlensäure heißt ohne. So war es bislang bei vielen Frucht- und Gemüsesäften, die in Plastikflaschen im Supermarkt stehen. Aber so soll es nicht bleiben.

Denn die Pfandpflicht wird ab 1. Januar erweitert. So sollen künftig alle Einweg-Plastikflaschen und Getränkedosen, unabhängig von ihrem Inhalt zum Pfandsystem gehören. Ein halbes Jahr haben die Läden Zeit, sich auf die Neuerungen einzustellen. Bis dahin dürfen sie noch Flaschen, die eigentlich nun pfandpflichtig wären, auch ohne Pfand verkaufen. Darüber hinaus gibt es auch Ausnahmen, etwa für Milch und Milchmischgetränke: Da greift die Pfandpflicht erst ab 2024.

Das Bundesumweltministerium erwartet in Berufung auf Zahlen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) ein Getränkevolumen von rund 1,7 Milliarden Litern, die nun zusätzlich ins Pfandsystem hineinkommen – Dosen inklusive. Zum Vergleich: Bei den Getränken, die bereits pfandpflichtig sind, gab es den GVM-Erhebungen zufolge im Jahr 2019 einen Verbrauch von rund 33 Milliarden Litern.

Mehrere Ausnahmen

Von dieser Gruppe ausgenommen bleiben auch künftig Getränke wie Wein, Sekt und Spirituosen in Glasflaschen. Für diese gebe es bereits gut funktionierende Sammel- und Recyclingsysteme, schreibt ein Sprecher zur Begründung auf dpa-Anfrage. Die Aufnahme «dieser Verpackungen in das Pfandsystem wäre mit hohem organisatorischem Aufwand, einem Mehr an Bürokratie und lediglich geringen ökologischen Effekten verbunden». Auch Getränkekartons bleiben nach wie vor ohne Pfand.

Bei aller Regel und Ausnahme stellt sich immer wieder die Frage: Wie viel Mehrwert bringt das Pfandsystem an sich überhaupt? Ein Blick ins Nachbarland Frankreich zeigt: Es geht auch anders. Dort gibt es im Supermarkt weit und breit kein Pfand, dafür viel Plastik.

Für den Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, das eindeutig umweltschädlichere System. Es gebe in Frankreich «keinen Geldanreiz für die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Verpackungen vernünftig mit diesem System einem Recycling zuzuführen», sagt Resch der Deutschen Presse-Agentur. «Ob sie die Plastikflasche im Park liegen lassen oder wieder mit nach Hause nehmen, macht – anders als in Deutschland – dort ökonomisch keinen Unterschied.»

Start vor 20 Jahren

Das deutsche Pfandmodell für Einwegflaschen und Dosen, das vor fast 20 Jahren, am 1. Januar 2003, an den Start ging, bezeichnet Resch als «Erfolgsmodell». Es habe sich im Kampf gegen die Vermüllung der Landschaft bewährt. Auch das Umweltministerium sieht große Vorteile. Dank Pfand sei ein «ausgesprochen effizientes Sammelsystem etabliert» worden, sagt ein Sprecher.

Bei den Mehrwegverpackungen gebe es aber noch Handlungsbedarf. «Das gewünschte 70-Prozent-Ziel werden wir wohl verfehlen», heißt es zum gesetzlich verankerten Bestreben, in Deutschland einen Mehrweganteil von 70 Prozent zu etablieren. Derzeit liegt der Anteil der Getränke in Flaschen, die immer wieder in Umlauf kommen, bei etwa 42 Prozent. Viel zu wenig, sagen Umweltverbände seit Jahren.

«Essentiell» gegen Abfallberge

Das Umweltbundesamt hält Mehrweg für «essentiell», um die Abfallberge in der Umwelt zu verkleinern. Die Pfandpflicht alleine reiche dafür nicht aus, sagt auch Umwelthilfe-Chef Resch. Er fordert eine zusätzliche Abgabe auf Einweggetränke in Höhe von mindestens 20 Cent, um das eingenommene Geld dann in Mehrwegsysteme zu investieren.

Einen Vorschlag, den das Umweltministerium «sehr kritisch» sieht, wie der Sprecher weiter erläutert. «Gerade bei den niedrig bepreisten Getränken könnte eine Abgabe von 20 Cent schon zu einer Verdoppelung des Endpreises für die Verbraucherinnen und Verbraucher führen». Auch sei es «schwierig», eine «über alle Getränkesegmente hinweg taugliche» Abgabenhöhe zu bestimmen.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht jetzt schon zusätzliche «Herausforderungen für den Einzelhandel», wie es in einer Stellungnahme zu den neuen Regeln heißt. Unter anderem warnt der Verband vor einer «vorübergehenden Verschlechterung der Rezyklatqualität». So könnten etwa die nun zusätzlich aufgenommenen Saftflaschen aus Kunststoff, die «bis heute recyclingschädigende Barriereschichten» hätten, die Qualität des recycelten Materials beeinträchtigen.

Ob die Sorgen berechtigt sind, wird sich spätestens im kommenden Jahr zeigen. Grundsätzlich gilt dann: Auch ohne Kohlensäure heißt mit Pfand.

Von Fatima Abbas, dpa

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