In der EU herrscht weiter Uneinigkeit über ein mögliches Öl-Embargo gegen Russland. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Dmitry Lovetsky/AP/dpa)

Die EU-Länder haben nach tagelangen Verhandlungen noch keine Einigung über ein Öl-Embargo gegen Russland erzielt. Es werde noch an Garantien für die Versorgungssicherheit bestimmter Länder gearbeitet, teilten die französische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission am Sonntag mit.

Auch in Deutschland mehren sich derweil Stimmen, die das Embargo zwar nicht kippen wollen, seine Folgen aber zumindest kritisch sehen – vor allem für den Osten.

In den vergangenen Tagen habe man intensiv über Kompromissvorschläge diskutiert und wichtige Fortschritte erzielt, hieß es am Sonntag aus EU-Kommission und -Ratspräsidentschaft. Gespräche auf allen Ebenen würden Anfang der Woche fortgeführt. Zentraler Streitpunkt sind Ausnahmeregelungen für Länder wie Ungarn, Tschechien und die Slowakei: Sie sind stark von russischem Öl abhängig, das komplett über die Pipeline «Druschba» (Freundschaft) geliefert wird.

Die EU-Kommission hatte zuvor vorgeschlagen, den betroffenen Mitgliedern mehr Zeit einzuräumen, um den Lieferstopp vollständig umzusetzen. Einigen Ländern ging der Vorschlag allerdings nicht weit genug. Sie forderten weitere Zugeständnisse – mehr Zeit, aber auch finanzielle Unterstützung. Unter anderem Bulgarien will ebenfalls eine Ausnahmeregelung. Aus diplomatischen Kreisen hieß es, dass weiter an technischen Lösungen für die betroffenen Länder gefeilt werde. Damit das Sanktionspaket umgesetzt werden kann, müssen alle Länder zustimmen.

Sorgen im Osten Deutschlands

Im Mittelpunkt der innerdeutschen Debatte über das Embargo stehen die Raffinerien in Leuna in Sachsen-Anhalt und im brandenburgischen Schwedt. Sie sind zentral für die Ölversorgung in Ostdeutschland, gleichzeitig aber stark abhängig von russischem Öl – und im Fall der PCK-Raffinerie in Schwedt im Besitz des russischen Staatskonzerns Rosneft. Die Bundesregierung könnte die Raffinerie mit einer Gesetzesänderung unter staatliche Treuhandverwaltung stellen oder sogar enteignen.

Allerdings hilft das nur dann, wenn gleichzeitig eine alternative Ölquelle für die Raffinerie gefunden wird. Ein Weg dahin führt über die Ostsee. «Die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern wird den Rostocker Hafen nach Kräften dabei unterstützen, Erdöl in die PCK-Raffinerie nach Schwedt transportieren zu können», sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. «Über diesen Weg kann ein Wegfall des russischen Erdöls zunächst zumindest zum Teil kompensiert werden.» Allerdings müsse im Blick behalten werden, dass Tanker-Erdöl eine noch einmal deutlich schlechtere Umweltbilanz mit sich bringe.

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) forderte von der Bundesregierung Lösungen für eine Versorgung der Region. Das geht aus einem Brief des SPD-Politikers an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hervor, der dpa und den «Potsdamer Neuesten Nachrichten» vorlag. Erstens brauche es Alternativen für den Betrieb der PCK-Raffinerie, heißt es darin, zweitens eine Rettung der Arbeitsplätze in dem Betrieb und den beteiligten Unternehmen. Und drittens fordert Woidke politische und finanzielle Unterstützung für die Region bei den «notwendigen Umbau- und Transformationsmaßnahmen».

Habeck hatte Versorgungsengpässe im Osten im Fall eines Öl-Embargos zuvor nicht ausgeschlossen. Insbesondere in Ostdeutschland sei der Prozess, gänzlich unabhängig von russischem Öl zu werden, «anspruchsvoll», heißt es im Fortschrittsbericht Energiesicherheit der Bundesregierung. Am Montag soll Habeck nun nach Schwedt reisen und dort Gespräche mit der Geschäftsführung und der Belegschaft der PCK-Raffiniere führen.

Sören Pellmann, Ostbeauftragter der Linken-Bundestagsfraktion, fordert sogar, das Embargo für Ostdeutschland ganz auszusetzen. «Dieses Embargo ist für Ostdeutschland überstürzt und nicht verkraftbar», sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Samstag. Ostdeutschland sollte daher aus dem Embargo ausgenommen werden, sagte Pellmann weiter, «zumindest vorerst, wie andere EU-Staaten auch».

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