Bildschirmsymbole mit der Bezeichnung «gespeicherte Verbindungen» sind auf einem Computermonitor zu sehen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa)

Ein Gutachter des Europäischen Gerichtshofs hat der in Deutschland auf Eis gelegten Vorratsdatenspeicherung einen herben Dämpfer verpasst und die Position von Bürgerrechtlern gestärkt.

Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona bekräftigte in seiner Einschätzung vom Donnerstag vorherige EuGH-Urteile, nach denen die allgemeine und unterschiedslose Vorratsdatenspeicherung nur bei einer ernsten Bedrohung für die nationale Sicherheit erlaubt ist.

Der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner sprach vom «finalen Sargnagel für die Vorratsdatenspeicherung» in Deutschland. «Die anlasslose Massenspeicherung der Kommunikationsdaten wird nie mit dem Recht auf Vertraulichkeit der elektronischen Kommunikation vereinbar sein», sagte Körner.

Langer Rechtsstreit

Hintergrund des Gutachtens ist unter anderem ein Rechtsstreit der Bundesnetzagentur mit dem Internetprovider SpaceNet und der Telekom. Die Unternehmen wehren sich gegen eine Vorschrift, bestimmte Daten für den Zugriff der Behörden aufzubewahren. Die Bundesnetzagentur hatte die deutsche Regelung bereits 2017 auf Eis gelegt, nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden hatte, dass SpaceNet nicht zur Speicherung der Daten verpflichtet werden darf. Das war wenige Tage, bevor die neue Regel eigentlich in Kraft treten sollte.

Die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ist hoch umstritten: Während Sicherheitspolitiker in ihr ein zentrales Instrument im Kampf gegen organisierte Kriminalität, Kinderpornografie und Terrorismus sehen, halten Bürgerrechtler und Verbraucherschützer sie für einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre. Die EU-Staaten hielten bei ihrem Gipfel im März hingegen zuletzt fest, dass Strafverfolgungs- und Justizbehörden zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität die Vorratsdatenspeicherung bräuchten.

Antworten des EuGH gibt es längst

Der EuGH wurde in seiner Mitteilung zum deutschen Rechtsstreit sowie weiteren in Irland und Frankreich nun ungewöhnlich deutlich: Eigentlich sei zu erwarten gewesen, dass die Debatte mit einem vorherigen EuGH-Urteil ein Ende gefunden habe. Es sei schließlich so, «dass die Antworten auf alle vorgelegten Fragen bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu finden seien oder unschwer aus ihr abgeleitet werden könnten».

Mit Blick auf das deutsche Gesetz betonte der Generalanwalt, dass die Pflicht zur allgemeinen und unterschiedslosen Vorratsspeicherung eine große Vielzahl von Verkehrs- und Standortdaten betreffe. Auch die zeitliche Begrenzung der Vorratsdatenspeicherung ändere dies nicht, da die Speicherung der Daten grundsätzlich selektiv erfolgen müsse. Mit der allgemeinen Speicherung der Daten sei eine schwere Gefahr verbunden. Der Generalanwalt erinnert außerdem daran, dass der Zugang zu den Daten in jedem Fall einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte auf Familien- und Privatleben sowie in den Schutz personenbezogener Daten darstelle.

Das Gutachten von Sánchez-Bordona ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig orientieren sie sich jedoch daran. Ein Urteil über dürfte in einigen Monaten fallen.

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