Nicht nur Sprit und Lebensmittel werden teurer. Viele Menschen in Deutschland müssen demnächst auch für das Bus- und Bahnfahren draufzahlen. Die Preise steigen im Winter nicht nur im Fernverkehr, sondern in zahlreichen Regionen auch im Nahverkehr.
Damit werden viele tägliche Wege teils deutlich teurer: Je nach Verkehrsverbund steigt der durchschnittliche Tarif um bis zu 5,5 Prozent. Das geht aus Beschlüssen zur bevorstehenden Preisrunde zum Jahreswechsel hervor, die die Deutsche Presse-Agentur ausgewertet hat. Anderswo ändern sich die Preise dagegen gar nicht.
Als letzter der großen Verbünde arbeitet etwa der Hamburger Verkehrsverbund an einer Preiserhöhung. Im Schnitt 1,3 Prozent mehr sollen die Hanseaten ab dem Jahreswechsel voraussichtlich bezahlen. «Das freut niemanden», bekennt der Verbund. «Bedenkt bitte bei der Diskussion: Alles wird teurer.» Nur ein Teil der höheren Kosten werde an die Fahrgäste weitergegeben. Den weitaus größeren Teil übernehme die Steuerkasse.
Sprit, Strom, neue Angebote – in vielen Regionen sind das die wesentlichen Argumente für höhere Preise. Der Einbruch der Fahrgeldeinnahmen bringe die 135 Mitgliedsunternehmen in starke Bedrängnis, hieß es etwa im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg. Dort steigen die Tarife zum ersten Mal seit drei Jahren und deshalb gleich um 5,5 Prozent im Durchschnitt. Nur in der Stadt Nürnberg selbst sorgen Millionen aus der Stadtkasse dafür, dass die Tarife noch einmal stabil bleiben können.
Auch in München und Umgebung wird es deutlich teurer: plus 3,7 Prozent gilt von Mitte Dezember an. «Die Corona-Pandemie bescherte uns enorme Einnahmenausfälle», erklärte der dortige Verkehrsverbund. Man habe dennoch das Angebot nahezu vollständig aufrechterhalten.
Der Verkehrsclub Deutschland forderte: «Gerade wenn die Preise für Benzin und Diesel steigen, müssen Bus und Bahn für alle bezahlbar sein.» Klimafreundliche Mobilität müsse günstiger sein als klimaschädliche Mobilität und stärker gefördert werden.
Die Linken-Vorsitzende Janine Wissler sprach angesichts der Preisrunde von einem fatalen Signal. Für Menschen mit kleinem Geldbeutel sei regelmäßiges Bus- und Bahnfahren unerschwinglich. Der Bund müsse Investitionen in den Nahverkehr absichern. Das Angebot müsse ausgebaut werden, die Preise aber sinken. «Busse und Bahnen müssen das Rückgrat der Verkehrswende sein», sagte Wissler mit Blick auf das Ziel, den Autoverkehr zu reduzieren.
«Die Mobilitätswende braucht einen leistungsstarken und wirtschaftlich gesunden ÖPNV», hieß es auch beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen. Die Branchenvertretung betonte jedoch: «Die Fahrgeldeinnahmen spielen dabei eine entscheidende Rolle.» Die Strom-, Diesel- und Personalkosten seien auch während der Corona-Pandemie zum Teil deutlich gestiegen. Wie sich die Ticketpreise vor Ort entwickeln, entschieden die Verantwortlichen mit den Kommunen je nach wirtschaftlicher Situation.
Eine Erhöhung deutlich unter der Inflationsrate gibt es in Stuttgart und Umgebung mit einem Plus von 2,5 Prozent. Im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, dem einwohnerstärksten in Deutschland, steigen die Tarife um 1,7 Prozent. 1,5 Prozent sind es im benachbarten Rhein-Sieg- und im Rhein-Main-Verkehrsverbund, der große Teile Hessens umfasst.
Für Fahrten außerhalb von Verbünden hatte die Deutsche Bahn einen Tarifaufschlag von 1,7 Prozent angekündigt. Im Fernverkehr erhöht sie die Fahrpreise am 12. Dezember durchschnittlich um 1,9 Prozent.
Doch nicht überall müssen die Fahrgäste tiefer in die Tasche greifen. Im Nahverkehr von Bremen, seinem niedersächsischen Umland sowie in Berlin und Brandenburg ändert sich nichts. Bremer können sich sogar über die zweite Nullrunde in Folge freuen. Diese Verkehrsverbünde nennen dafür ein Argument, das andere ausdrücklich für Preiserhöhungen nutzen: den Fahrgastrückgang in der Corona-Pandemie. Mit stabilen Preisen wollen sie die Kundinnen und Kunden zurück in Busse und Bahnen holen.
Dazu wird mancherorts auch an flexibleren Fahrkarten- und Abo-Modellen gearbeitet, etwa in Leipzig, Berlin und Frankfurt (Oder), in Baden-Württemberg und an Rhein und Ruhr. Denn die Verkehrsbetriebe erwarten, dass ein Teil der Menschen auch nach der Pandemie zeitweise zu Hause arbeiten wird und Busse und Bahnen nur noch tageweise benötigt.