Butter gilt als Eckpreisartikel, an dem sich die Kunden bei der Preiswahrnehmung eines Händlers orientieren. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Hendrik Schmidt/dpa)

Seit langem scheinen die Lebensmittelpreise in Deutschland nur noch eine Richtung zu kennen: aufwärts. Doch gibt es plötzlich ein bisschen Hoffnung auf Änderung des Trends – aus dem Kühlregal. Die Butterpreise gerieten in Deutschland auf breiter Front ins Rutschen.

Die Discounter Aldi und Norma, aber auch der Lebensmittelhändler Kaufland senkten die Preise für die 250-Gramm-Packung Markenbutter im Preiseinstiegsbereich deutlich: Von 1,99 auf 1,59 Euro. Und auch die Supermarktketten Edeka und Rewe, sowie die Discounter Lidl, Netto und Penny kündigten bereits an, den Schritt zeitnah nachzuvollziehen. Schließlich gilt Butter als Eckpreisartikel, an dem sich die Kunden bei der Preiswahrnehmung eines Händlers orientieren. Auch Butter von Markenherstellern wurde vielfach günstiger.

Wichtig für Verbraucher: Es handelt sich nicht um Sonderangebote, sondern den neuen Normalpreis. Zum Höhepunkt der Preiswelle im Mai hatte das Paket Butter 2,29 Euro gekostet.

Dass die Preise gerade jetzt ins Rutschen geraten, hängt mit dem Rhythmus der Preisverhandlungen in der Milchbranche zusammen. Die alten Verträge waren Ende Januar ausgelaufen, und in den neuen Verträgen konnten die Händler deutlich günstigere Einkaufspreise vereinbaren, die die aktuellen Preissenkungen ermöglichen.

Für Verbraucher alles wieder in Butter?

Ein Grund dafür sei, dass nach den im vergangenen Jahr erzielten Rekordpreisen für Milch die Rohmilchproduktion in Deutschland wieder spürbar zugenommen habe, sagte der Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes, Eckhard Heuser, der Deutschen Presse-Agentur. Dadurch sei wieder ein leichtes Überangebot entstanden, und die Preise seien unter Druck geraten. Die neuen Verträge haben eine Laufzeit von vier Wochen. Mit neuen Preissteigerungen nach dem Ende der Laufzeit rechnet der Branchenkenner aber nicht.

Auch Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) ist von der Entwicklung alles andere als überrascht. «Das war erwartbar», sagte er. Die Großhandelspreise für Butter seien in den letzten sechs Monaten um 40 Prozent gefallen. «Wenn die Päckchenbutter jetzt nicht billiger geworden wäre, hätte da irgendwo zwischendrin jemand sauber abkassiert.» Gefallen tue ihm das natürlich nicht, sagte Foldenauer. Aber es sei die Folge von zunehmender Milchanlieferung und gleichzeitig sinkender Nachfrage.

Besorgt über die Entwicklung bei den Butterpreisen zeigte sich der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Karsten Schmal: «Ich hoffe, dass die aktuellen Preissenkungen bei Butter keine Vorboten sind zurück zu einer desaströsen Preispolitik im deutschen Lebensmitteleinzelhandel», sagte er. Billigpreis-Taktiken stünden im Widerspruch zum gesellschaftlich gewünschten Ziel, die Tierhaltung in Deutschland weiterzuentwickeln und noch mehr Tierwohl umzusetzen.

Ist damit für die Verbraucher alles wieder in Butter? Eher nicht. Denn es spricht wenig dafür, dass der Trend bei der Butter, die im vergangenen Jahr mit Preissteigerungen von 39,1 Prozent zu den größten Preistreibern im Lebensmittelhandel gehörte, auf andere Produktgruppen überspringt. Im Gegenteil: Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich in Supermärkten und bei Discountern wohl auf weitere Preiserhöhungen einstellen.

Kunden könnten wieder stärker zur Kasse gebeten werden

Denn nach einer Ende Januar veröffentlichten Umfrage des ifo-Instituts planen Lebensmittelhändler aktuell sogar wieder häufiger als im Vormonat, die Kunden stärker zur Kasse zu bitten. Die Inflationsrate werde «in den kommenden Monaten weiterhin hoch bleiben und sich der Anstieg der Verbraucherpreise nur allmählich abflachen», prognostizierte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Besonders hoch und zudem kräftig gestiegen sind die Preiserwartungen demnach bei den Herstellern von Getränken.

Dennoch gibt es einen Lichtblick für die leidgeprüften Verbraucher. «Vieles spricht dafür, dass 2023 ein Jahr der Rabattschlachten wird», prognostizierten Handelsexperten der Unternehmensberatung Simon Kucher & Partners. Schließlich seien die Lagerbestände bei Handel und Herstellern hoch und die Konsumenten aufgrund der hohen Inflation und sinkender Realeinkommen preissensibel.

Bereits im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Sonderangebote im Lebensmittelhandel nach einer Studie des Marktforschers GfK deutlich an. Die Markenhersteller hätten 2022 mehr als ein Viertel ihrer Umsätze bei Verkaufsaktionen gemacht, berichteten die Marktbeobachter. Das Promotion-Hamsterrad drehe sich mit voller Geschwindigkeit, urteilte GfK-Experte Robert Kecskes. Dennoch verloren die Markenhersteller laut GfK deutlich Marktanteile an die in der Regel preisgünstigeren Eigenmarken der großen Handelsketten wie «Ja» oder «Beste Wahl» von Rewe oder «Gut&Günstig» von Edeka.

Für viele Markenhersteller ergibt sich daraus nach Einschätzung der GfK ein Dilemma: Angesichts der angespannten finanziellen Lage vieler Haushalte müssen sie die Zahl der Sonderangebote weiter hoch halten, um nicht noch mehr Markanteile zu verlieren. Doch unter den Rotstiftaktionen kann auf Dauer die Reputation der Marke leiden. Am Ende könne es passieren, dass der Kunde schon den normalen Regalpreis unbewusst als Preiserhöhung empfinde, warnte Kecskes.

Von Erich Reimann, dpa

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