Man könnte sogar seine Zimmerpflanze mitbringen: Der ICE bekommt in ersten Klasse Fensterbretter. Das ist aber längst nicht die einzige Änderung, und auch für Fahrgäste in der zweiten Klasse gibt es bald viel Neues.
Mit einem neuen Design für die nächsten Jahrzehnte will die Bahn mehr Kunden in ihre ICE-Züge locken. Sie verspricht mehr Komfort, mehr Privatheit – mehr «Wohnzimmer».
Was ändert sich?
Zum Beispiel die Farben: helles Eichenfurnier in allen Klassen, im Bistro Bezüge im dunklen Zugbegleiter-Rot «burgundy», die erste Klasse grau, nur die zweite Klasse in etwa wie bisher in Blautönen, aber mit wärmerem Licht. Es gibt hochwertigere Bezüge mit mehr Wolle als Synthetik; Ledersitze in der ersten Klasse sind passé. Zum Filme schauen gibt es überm Klapptisch eine Ablage für Tablets. Und es ist eine Konfliktquelle entschärft: Jedes Sitz-Paar bekommt eine zweite Steckdose.
Wie hart werden die Sitze?
Nicht so hart wie die Sitze, mit denen der ICE4 vor einigen Jahren eingeführt wurde. Die hat die Bahn nach Kritik ausgetauscht. So etwas soll es nicht noch einmal geben. 900 Fahrgäste konnten deshalb als Probanden die neuen Sitze mitentwickeln. «Wir haben zugehört», heißt es bei der Bahn. Sie verspricht zugleich robuste und langlebige Sitze – denn im Schnitt müssen diese täglich vier Fahrgäste aushalten, viele Jahre lang.
Was soll das heißen, der Zug als «Wohnzimmer»?
Zwar bleiben die Abstände zwischen den Sitzreihen gleich. Die neuen Sitze lassen sich aber vielfältiger verstellen und haben in der zweiten Klasse keinen Zwischenraum mehr – klappt man die Armlehne hoch, erhält man eine Bank. Es gibt mehr Ablageflächen. Eine durchgehende Sitzschale hinter beiden Rückenlehnen schützt vor neugierigen Blicken.
«Ich kann hier als Gast mein Nest bauen», meint Fernverkehrschef Michael Peterson. Die Bahn arbeite auch noch an einem neuen Reservierungssystem: Familien, Geschäftsreisende und andere Nutzergruppen sollen gezielt in entsprechende, flexibel festlegbare Zonen gebucht werden können.
Wann kann man das neue Design sehen?
Der erste Zug fährt im Dezember 2023. Es ist der 17. Zug des ICE3 neo, von dem 73 bestellt sind. Auch 23 Niederflur-Fernzüge vom spanischen Hersteller Talgo sollen das Design erhalten. Sie werden von Ende 2023 an ausgeliefert und fahren unter dem Namen ICE-L auf grenzüberschreitenden und touristischen Strecken. Die Bestandsflotte werde aus Kostengründen noch nicht umgerüstet, sagt Peterson. Auch neue Züge des noch jungen ICE4 kommen im bekannten Design.
Was steckt dahinter?
«Wir untermauern unseren Anspruch, noch mehr Menschen für die Bahn zu gewinnen», sagt Vorstandschef Richard Lutz. Zug statt Flieger oder Auto – so will Deutschland seine Klimaziele im Verkehr erreichen. Mit dem Fernverkehr der Bahn sollen 2030 doppelt so viele Menschen fahren wie 2015. Dazu werden viele neue Züge gekauft. Die Zahl der ICE steigt in diesem Jahrzehnt auf 450; Ende dieses Jahres werden es schon 360 sein – vor fünf Jahren waren es etwa hundert weniger. Das bisherige Design der meisten ICE stammt jedoch zu großen Teilen aus den 1990er-Jahren.