Eigentlich hat die Welt angesichts des Ukraine-Kriegs ganz andere Sorgen. Und doch stehen wieder einmal die Banken im Epizentrum eines drohenden Finanzbebens. In solch unsicheren Zeiten laufen viele Anleger «sichere Häfen» an, die ihrem Vermögen Schutz bieten sollen. Welche «Safe Havens» gibt es? Und sind sie wirklich so sicher, wie es auf den ersten Blick scheinen mag?
Staatsanleihen – tatsächlich ein risikofreier Zins?
Als sicherer Anlagehafen schlechthin gelten Schuldpapiere von Ländern mit hoher Kreditwürdigkeit. «Dazu zählen in erster Linie die Vereinigten Staaten, aber auch europäische Länder wie Deutschland», sagt Michael Klawitter, Anleihenexperte bei der Dekabank. Das Besondere an solchen Staatsanleihen ist, dass ihre Schuldner als nahezu unverwüstlich gelten können. Ein Zahlungsausfall, wie er bei Verbrauchern oder Unternehmen vorkommen kann, gilt bei ihnen als eher unwahrscheinlich. Außerdem bieten die Wertpapiere eine feste Verzinsung, also einen verlässlichen Zahlungsstrom.
Allerdings bringt selbst der sichere Anleihehafen Probleme mit sich. So können die Zinserträge – wie auch jetzt – von einer hohen Inflation vernichtet werden, was zu einem Vermögensverlust führen kann. Außerdem verlieren bestehende Anleihen in Zeiten steigender Zinsen an Wert. Dies ist unproblematisch, wenn die Papiere bis zum Laufzeitende gehalten werden. Sollen oder müssen sie aber früher verkauft werden, entstehen Kursverluste. Das ist ein Grund, warum so viele mittelgroße US-Banken derzeit Finanzprobleme haben.
Gold – glänzt das Edelmetall wirklich immer?
Gold gilt seit langem als Inbegriff von Wohlstand und Reichtum. So auch heute: An den Finanzmärkten steuern Anleger das Edelmetall an, wenn es an den Börsen ungemütlich wird. Angesichts der Turbulenzen im Bankensektor stieg der Goldpreis am Montag erstmals seit längerem über die Marke von 2000 US-Dollar. Ein Vorteil von Gold ist, dass es nicht bedrucktes Papier ist, sondern einen Eigenwert besitzt. «Gold hat sich im Grunde seit Jahrtausenden als wertbeständige Anlage bewährt», sagt Ökonom Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen. Daneben wird es zur Produktion vieler zum Teil hochwertiger Industriegüter verwendet.
Aber auch Gold hat Schwächen. So wirft das Edelmetall wie auch sein «kleiner Bruder» Silber keine regelmäßigen Erträge wie Zinsen oder Dividenden ab. Das macht es in Zeiten steigender Zinsen unattraktiver. So wie im vergangenen Jahr, als Gold trotz Ukraine-Kriegs kaum zulegte. Damals hielt ein zweiter Gegenspieler von Gold den Preis niedrig: der US-Dollar. Da Edelmetalle meist in der Weltreservewährung gehandelt werden, wird der Gold-Erwerb mit steigendem Dollar-Kurs für viele Anleger teurer und so unattraktiver.
Yen und Franken – stets eine sichere Bank, oder?
Unter den Weltwährungen gibt es einige, die Anleger als sichere Alternative schätzen. Neben dem US-Dollar zählt dazu der japanische Yen. Ein Grund dafür liegt in dem hohen Auslandsvermögen der Japaner, wie Helaba-Experte Umlauf erklärt. «Wird es in der Welt unruhig, ziehen die japanischen Anleger Auslandsanlagen ab und holen sie nach Hause.» Deshalb legt der Yen in Krisenzeiten häufig zu. Ob sich ausländische Anleger auf diesen Effekt verlassen sollten, ist jedoch fraglich. Denn der Yen kann auch stark abwerten, wie etwa das vergangene Jahr gezeigt hat.
Dass der Schweizer Franken von den Bankturbulenzen nicht profitiert, ist nicht verwunderlich. Denn mit der Credit Suisse steht eine Schweizer Großbank für die Probleme in Europa. Normalerweise wird mit der Schweizer Währung hohe Stabilität verbunden. Deutlich wurde das etwa in der Euro-Schuldenkrise vor zehn Jahren. Seinerzeit war der Franken so gefragt, dass sich die Eidgenossen mit einem speziellen Mechanismus absichern mussten. Ansonsten hätte die Wirtschaft noch stärker unter dem aufwertenden Franken gelitten. Ein sicherer Hafen kann also auch zur Last werden.
Bitcoin – Alternativwährung oder Anlagerisiko?
Die Bankenprobleme bestärken die Fürsprecher von Kryptowährungen. So ist der Bitcoin-Kurs zuletzt von gut 20.000 auf rund 28.000 US-Dollar gestiegen. Krypto-Unternehmer Peter Grosskopf von Unstoppable Finance verweist darauf, dass der Bitcoin in der letzten Finanzkrise als Gegenentwurf zum klassischen Finanzsystem entstand und als Wette gegen dieses System gesehen wird. Zwar gebe es auch andere Gründe für den steigenden Bitcoin. «Aber die Kurssprünge der letzten Wochen hängen sicher auch mit den Schieflagen im Bankensektor zusammen.»
Allerdings können sich Kryptoanleger nicht darauf verlassen, dass Bitcoin & Co. kontinuierlich an Wert zulegen – die Kurse schwanken oft stark. Denn es stehen viele Risiken in Raum, auch weil einige Player der Branche an den Folgen des Zusammenbruchs der Kryptobörse FTX zu knabbern haben. Außerdem ist unklar, welche Folgen eine scharfe Regulierung von Bitcoin und anderen Kryptowährungen in den USA hätte, die von US-Präsident Joe Biden vorangetrieben wird.
Digitale Vermögenswerte selbst verwahren – wieso?
Krypto-Fans sagen: «Not your keys, not your coins« und drücken damit die Überzeugung aus, dass Investoren sich ihrer Kryptobestände nur sicher sein können, wenn sie in einer digitalen Geldbörse (»Wallet») gespeichert sind, für die nur sie die Schlüssel haben. Einen Trend zu selbst gehosteten Wallets und Hardware-Lösungen konnte man schon seit dem Kollaps der Kryptobörsen FTX und Celsius beobachten, sagt Peter Grosskopf, der mit seinem Unternehmen eine entsprechende Lösung anbietet. Mit der Bankenkrise scheint sich der Trend zu verstärken.
Bei der Selbstverwahrung eigener Kryptowerte mit Sticks wie Ledger und BitBox passieren aber immer wieder Missgeschicke, die zu einem Totalverlust der gespeicherten Werte führen können. Legendär ist der Fall des britischen Bitcoin-Anlegers James Howells, der 2013 versehentlich eine Festplatte entsorgt hat, auf der sich 7500 Bitcoin befanden. Howells vermutet die Platte auf einer Müllkippe in Newport im Süden von Wales und sucht dort seit Jahren nach dem Datenträger, der heute über 200 Millionen Euro wert wäre.