Corona-Krise ohne Ende und eine steigende Inflation stärken bei Verbrauchern die Nachfrage nach Gold.
Im ersten Halbjahr 2021 seien in Deutschland mehr als 90 Tonnen an Barren und Münzen umgesetzt worden, sagte der Geschäftsführer der Fachvereinigung Edelmetalle, York Tetzlaff, unter Berufung auf Daten des World Gold Councils. «Das war der höchste Umsatz seit zwölf Jahren, weltweit wurde nur in China mehr Gold nachgefragt.»
Im dritten Quartal sei der Umsatz noch einmal angestiegen und habe mit 33,7 Tonnen auf dem höchsten Quartalswert seit 2011 gelegen. «Der Rekord vom vergangenen Jahr mit 157 Tonnen könnte 2021 noch übertroffen werden. Damit hätten wir zwei Absatzrekordjahre in Folge», sagte Tetzlaff der Deutschen Presse-Agentur in Pforzheim.
Aufgrund der steigenden Inflation und der vierten Corona-Welle habe der Goldpreis im November den Höchststand von rund 53 Euro je Gramm erreicht und sei dann etwas gesunken – Tetzlaff zufolge wohl auch wegen Spekulationen, die US-Notenbank Fed könnte kommendes Jahr Zinsen erhöhen, um die Inflation abzumildern. «Dies führt dazu, dass Anleger abwarten. Dennoch bleibt die Nachfrage auf hohem Niveau.»
Stabile Entwicklung nicht garantiert
Gold gilt seit jeher als krisensichere Anlage. Der Bankenverband warnt allerdings, trotz seines Rufs als sicherer Hafen könne man nicht von einer stabilen Preisentwicklung ausgehen. Wichtige Einflussfaktoren seien der Euro-Dollar-Wechselkurs, der Ölpreis und das politische Umfeld. «Zudem bringt Gold keine regelmäßigen Erträge, die Rendite ist nur aus einem steigenden Goldpreis zu erzielen.»
Mit Gold lassen sich nach Angaben des Bankenverbands auch größere Werte im heimischen Tresor oder im Bankschließfach aufbewahren, so seien sie im Notfall schnell verfügbar: «5000 Euro in Form von physischem Gold sind beispielsweise kleiner als eine Streichholzschachtel und wiegen gerade einmal 100 Gramm.»
In den vergangenen Jahren waren auch Anlagen in Form sogenannter ETCs (börsengehandelte Rohstoffe) gefragt, sagte Tetzlaff. 2021 seien hier die Bestände aber zurückgegangen, während die Nachfrage nach physischem Gold in Form von Barren und Münzen gewachsen sei. «Davon versprechen sich gerade Privatanleger mehr Sicherheit.»
Deutsche kaufen mehr Gold denn je
Nach Angaben des World Gold Councils haben Deutsche im Jahr 2020 mehr Goldbarren und -münzen gekauft als jemals zuvor. 2021 hätten sie ein Investitionstempo beibehalten, «das den historischen Durchschnitt weit übertrifft, selbst im Vergleich zu den berauschenden Niveaus, die während und nach der globalen Finanzkrise erreicht wurden».
In einer Umfrage 2019 hätten 64 Prozent der deutschen Privatanleger zugestimmt, dass Gold ein guter Schutz vor Inflations- und Währungsschwankungen sei. 61 Prozent waren der Meinung, dass es auf lange Sicht nie an Wert verliere. Allerdings sahen die Experten auch, dass Gold zwar eine beliebte Anlage in deutschen Portfolios sei. «Aber es ist noch nicht wirklich Mainstream geworden.»
Manche Exemplare sind auch eher Sammlerstücke: So hat der Bund dieses Jahr die zweite 100-Euro-Goldmünze der dreiteiligen Serie «Säulen der Demokratie» herausgegeben. Der offizielle Ausgabepreis der aus Feingold bestehenden Münze von 809,35 Euro ist laut Bankenverband der höchste für eine vom Bund ausgegebene 100-Euro-Goldmünze seit 2002.
Zahlreiche Einsatzgebiete für Edelmetalle
Die Fachvereinigung vertritt als Bundesverband der deutschen Edelmetallindustrie 36 Unternehmen und damit laut Tetzlaff mehr als 90 Prozent der Branche. Gold und Silber seien als Investmentprodukte sowie für Schmuck gefragt. Silber und andere Edelmetalle wie Platin, Palladium und Rhodium würden als Industriemetalle breit eingesetzt, auch im Sinne der Energiewende: in Brennstoffzellen etwa, Photovoltaikanlagen oder für elektrische Kontakte bei Windrädern.
«Bei Platin kommen etwa 80 Prozent der Nachfrage aus der Industrie – bis hin zur Krebstherapie, wo platinhaltige Medikamente das Tumorwachstum bremsen können», sagte Tetzlaff. Der Großteil des Platins werde neben der Schmuckindustrie aber für Katalysatoren in Dieselautos verwendet. Für Benziner und Hybridfahrzeuge dagegen brauche man Palladium. Hier geht die Nachfrage Tetzlaff zufolge wegen der Chip- und Halbleiter-Krise im Autobau etwas zurück.
2021 sei wie auch 2020 ein sehr gutes für die Branche gewesen, sagte der Geschäftsführer. «Und das über alle Zweige hinweg.» Lieferengpässe habe es im Grunde nur für Münzprägeanstalten gegeben. Dazu trage auch ein umfassender Materialkreislauf durch das Edelmetallrecycling bei. Gerade Gold – etwa aus Schmuck, Münzen, Zahnersatz und Elektroschrott – werde in Deutschland in der Regel wiederverwertet. So fänden sich in einer Tonne alter Smartphones 250 Gramm Feingold. «Weltweit deckt Recycling-Gold mehr als ein Viertel des Angebotes ab – mit steigender Tendenz», erläuterte Tetzlaff.
Barren statt Schmuck
Für Anleger wichtig zu wissen sei, dass man Gold – anders als etwa Silber – umsatzsteuerfrei erwerben kann. Dabei gibt es aber bestimmte Vorgaben zu beachten. Bei Anlageprodukten sollte man eher in reine Formen wie Barren investieren und nicht in Schmuck. Sonst zahle man die Herstellungskosten mit. «Den ideellen Zusatzwert bekommt man nicht wieder.» Beim Verkauf von Altgold komme es nur auf den Materialwert an.
Edelmetalle eigneten sich zwar als langfristige Anlage, wenn der Werterhalt im Vordergrund stehe. Aber sie sollten nie der alleinige Aufbau eines Investments sein, sagte Tetzlaff. Zehn Prozent des Portfolios sei ein gängiger Richtwert. Auch der Bankenverband spricht auf seiner Internetseite von fünf bis zehn Prozent Depotanteil.
«Sichere Häfen sind dabei Gold und Silber, das wird auch immer so bleiben», so Tetzlaff. Zwar könne man zum Beispiel auch Platin- oder Palladiumbarren kaufen. «Aber das Letztere ist schon fast exotisch.»