Angesichts des Todes von Königin Elizabeth II. ist in aller Welt Trauerstimmung zu spüren. Vor den Palästen in London und Windsor sowie in Schottland, wo die Königin am Donnerstag gestorben ist, legten Bürger Blumen ab. Politiker zollten der Königin, die 70 Jahre auf dem Thron war, aus aller Welt Respekt.
Um Punkt zwölf Uhr mittags (13.00 Uhr MESZ) läuteten in ganz Großbritannien im Gedenken an die verstorbene Königin Elizabeth II. die Glocken. Vor der Westminster Abbey und der St.-Pauls-Kathedrale in London, am Schloss Windsor, wo die Queen zuletzt lebte, und in Schottland, wo sie starb, hielten Menschen inne und lauschten dem Geläut. Hunderte Kirchen stimmten ein.
Eine Stunde nach dem Glockengeläut von Hunderten Kirchen in Großbritannien wurdn im ganzen Land zeremonielle Böllerschüsse im Gedenken an die verstorbene Königin abgefeuert. Etwa am Tower von London, in Edinburgh, Cardiff, Plymouth, York, Stonehenge sowie in Gibraltar, dem britischen Überseegebiet an der Südspitze Spaniens, und an Bord mehrerer Kriegsschiffe waren Kanonen im Einsatz, wie das Verteidigungsministerium berichtete. Soldatinnen und Soldaten teils in zeremonieller Uniform feuerten etwa alle zehn Sekunden einen Schuss ab, insgesamt 96, einen für jedes Lebensjahr von Elizabeth II.
Rückkehr nach London
Weniger als 24 Stunden nach dem Tod der Queen kehrten König Charles III. und seine Frau Camilla nach London zurück. Die beiden landeten aus Schottland kommend am Freitagnachmittag auf dem Militärflughafen Northolt gut 20 Kilometer nordwestlich von London.
Mit der Ankunft von König Charles III. am Buckingham-Palast in London wurde die auf halbmast wehende Nationalflagge am Freitag eingeholt und durch die königliche Standarte ersetzt. Diese Fahne repräsentiert das Staatsoberhaupt und wird immer da aufgezogen, wo der Monarch zugegen ist. Es ist die einzige Flagge, die nie auf halbmast gesetzt wird.
Am Nachmittag empfing der neue König erstmals die neue britische Premierministerin Liz Truss zu einer Audienz. Truss ist erst seit Dienstag im Amt – da war sie noch zu einer Audienz bei der Queen, die sie auch mit der Regierungsbildung beauftragt hatte. Am Freitagabend hielt der neue Monarch dann eine Rede an die Nation, die im Fernsehen übertragen wurde. Außerdem fand ein Gedenkgottesdienst in der St.-Paul’s-Kathedrale in London statt.
Proklamation am Samstag
Am Samstag wird Charles III. als neuer britischer König ausgerufen. Wie der Buckingham-Palast mitteilte, soll die Zeremonie um 11 Uhr (MESZ) im St.-James’s-Palast in London beginnen. Die Proklamation wird eine Stunde später vom Balkon des Schlosses und anschließend von weiteren Orten im Vereinigten Königreich verlesen. Für die Ausrufung wird die Trauerbeflaggung an den königlichen Schlössern zeitweise ausgesetzt.
Mit dem Tod der Queen ist die Krone direkt an Charles übergegangen. Bei der Proklamation handelt es sich also eher um eine mit viel Prunk begangene Formalie, die live im Fernsehen übertragen wird.
Premier Truss: Schulden dem König «Loyalität und Hingabe»
Premierministerin Liz Truss versicherte dem neuen König die Treue der Briten. Auch er verdiene Loyalität, sagte die konservative Politikerin im Parlament in London vor einem vollen Haus überwiegend schwarz gekleideter Abgeordneter.
Über die Queen sagte Truss: «Ihre Majestät war eine der größten Führungspersönlichkeiten, die die Welt je gesehen hat. Ihre weisen Worte haben uns in den schwierigsten Zeiten gestärkt. In den dunkelsten Momenten der Pandemie hat sie uns die Hoffnung gegeben, dass wir uns wieder (mit anderen) treffen können.» König Charles habe in seinem Leben ebenfalls schon viel für das Land getan, etwa durch seine Bemühungen im Umweltschutz. «Wir schulden ihm Loyalität und Hingabe», sagte sie. «Die Krone wird fortbestehen, die Nation wird fortbestehen, und in diesem Geiste sage ich: Lang lebe der König.»
Tod auf Schloss Balmoral
Queen Elizabeth II. war am Donnerstag im Alter von 96 Jahren auf ihrem schottischen Landsitz Balmoral gestorben. Noch am Dienstag hatte sie dort Liz Truss formell mit der Regierungsbildung beauftragt. Es war das letzte Bild, das die Öffentlichkeit von der Queen sah. Sie hatte einen Stock in der Hand und war gebeugt, zeigte aber noch einmal ihr vertrautes strahlendes Lachen.
Sie war über 70 Jahre und damit länger als jeder andere britische Monarch vor ihr auf dem Thron. Elizabeth II. war Staatsoberhaupt von Großbritannien und Nordirland und mehr als einem Dutzend weiterer Staaten, darunter Kanada, Neuseeland und Australien.
Hinter seinem Vater Charles rückt Queen-Enkel Prinz William (40) zum Thronfolger auf. Nummer zwei in der Thronfolge ist jetzt der neunjährige Prinz George, dahinter folgen seine Geschwister Prinzessin Charlotte und Prinz Louis.
Obwohl Elizabeth als britische Monarchin über keine politische Macht verfügte, galt sie als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten ihrer Zeit. Mit unbedingtem Pflichtbewusstsein und Beständigkeit führte sie Großbritannien durch große Veränderungen.
Nach dem Begräbnis der Queen soll noch sieben Tage getrauert werden, teilte der Palast mit. Bis dahin sollen auch die Flaggen an den königlichen Schlössern auf halbmast wehen. Die Beisetzung soll voraussichtlich am Montag, den 19. September stattfinden. Doch das wurde bisher vom Palast noch nicht bestätigt.
Würdigungen in aller Welt
Truss würdigte die Queen als «Fels, auf dem das moderne Großbritannien errichtet wurde». Das Land sei unter ihrer Herrschaft gewachsen und gediehen. UN-Generalsekretär António Guterres sagte, Elizabeth II. sei auf der ganzen Welt für ihre «Anmut, Würde und Hingabe» bewundert worden. «Die Welt wird sich noch lange an ihre Hingabe und ihre Führungskraft erinnern.» Die Premierministerin wird am Freitagabend an einem Gottesdienst teilnehmen, wie eine Sprecherin der Kathedrale mitteilte.
Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte die Königin als «Vorbild und Inspiration für Millionen, auch hier in Deutschland».
Der britische Musiker Elton John zeigte sich «zutiefst traurig». «Queen Elizabeth war ein großer Teil meines Lebens von der Kindheit bis heute und ich werde sie sehr vermissen», schrieb der Musiker bei Twitter.
US-Präsident Joe Biden nannte die Queen eine einzigartige Staatsfrau und «mehr als eine Monarchin.» Wie auch in Großbritannien und in den USA wird die Flagge der Vereinten Nationen die nächsten Tage auf halbmast wehen.
Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sprach von einem großen Verlust für das britische Volk, wie es nach Angaben des chinesischen Staatsfernsehens in seinem Beileidsschreiben an König Charles hieß.
Trauer herrscht auch in weiteren Staaten, die früher zu Großbritannien gehörten und heute im Verband Commonwealth vereint sind. Die neuseeländische Ministerpräsidentin Jacinda Ardern würdigte das «unerschütterliche Pflichtbewusstsein» der Monarchin. Der australische Premierminister Anthony Albanese hob ihre ruhige Ausstrahlung hervor. In Brasilien – kein Commonwealth-Land – wurde eine dreitägige Staatstrauer angeordnet.
«God Save the Queen»
An Plätzen in Großbritannien hatten sich schon am Donnerstag Tausende Menschen versammelt, Blumen niedergelegt oder die Nationalhymne «God Save the Queen» gesungen. Viele brachen in Tränen aus, als die Flagge am Buckingham-Palast herabgesetzt wurde.
Das Empire State Building in New York leuchtete als Tribut an die Queen lila und glitzerte silbern. In Rio de Janeiro war die Christus-Statue in den Farben rot, blau und weiß angestrahlt. In Paris wurden zu Ehren der Queen in der Nacht die Lichter am Eiffelturm ausgeschaltet.
Sportveranstalter unterbrachen geplante Wettkämpfe oder sagten sie ab. Betroffen waren unter anderem ein Golf-Turnier, Pferderennen und Rugby-Spiele. Der Fußball in der Premier League ruht bis einschließlich Montag sowie in den drei Ligen darunter, in Nordirland komplett.
Seit 1952 Königin
Die 1926 geborene Queen wurde 1952 Königin. Damals war Großbritannien noch eine Kolonialmacht. 1997 wurde als letzte größere Kolonie Hongkong an China übergeben. Durch den Commonwealth pflegte die Queen später weiterhin den Kontakt zu den ehemaligen Territorien. Sie absolvierte Hunderte Auslandsreisen, auch mehrere nach Deutschland. Zuletzt besuchte sie die Bundesrepublik bei einem Staatsbesuch 2015. Zu ihren Stationen gehörten Berlin, Frankfurt am Main und das ehemalige Konzentrationslager Bergen-Belsen.
Als wichtigste Reise gilt ihr Besuch in Irland 2011. Dies wurde als Versöhnungsgeste gefeiert. Zuletzt hatte ein britisches Staatsoberhaupt Dublin vor der Unabhängigkeit des Landes von Großbritannien im Jahr 1911 besucht. Aus politischen Angelegenheiten hielt sich die Monarchin jedoch stets heraus. Auch zum Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union (Brexit) äußerte sie sich nicht.
Schon als 13-Jährige hatte Elizabeth sich in Philip Mountbatten verliebt. Der griechische Prinz aus einem dänisch-deutschen Adelshaus war zeitlebens ihre große Stütze. Die Ehe währte bis zu Philips Tod im April 2021, als er im Alter von 99 Jahren starb.