Als erster Schritt einer Generalsanierung im Schienennetz soll die Strecke Frankfurt/Main-Mannheim 2024 fünf Monate lang gesperrt werden. (Archivbild) (Urheber/Quelle/Verbreiter: Frank Rumpenhorst/dpa)

Eine koordinierte Sanierung und Digitalisierung des Schienennetzes soll die Bahn nach dem Willen des Bundes für Fahrgäste und Güterkunden verlässlicher machen. «Die Durchsage, Grund für die Verspätung ist eine Störung im Betriebsablauf, möchte ich eigentlich möglichst bald nicht mehr hören», sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Donnerstag in Berlin. Angeblich gingen 50 Prozent aller Verspätungen darauf zurück.

Als erster Schritt einer Generalsanierung im Netz soll die Strecke Frankfurt/Main-Mannheim 2024 fünf Monate lang gesperrt werden – direkt nach der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland. Wissing verglich das Projekt mit der Operation an einer Hauptschlagader.

Die Arbeiten sollen am 15. Juli 2024 beginnen und zu Weihnachten 2024 beendet sein, wie die Bahn am Donnerstag angekündigte. Während der Sperrung werden Fern- und Güterzüge teils weiträumig umgeleitet. Busse sollen bis zu 200 Nahverkehrszüge am Tag ersetzen.

Problemabschnitt Riedbahn

Der Abschnitt hat große Bedeutung für das Gesamtnetz der Bahn. Darüber fährt ein Fünftel der bundesweiten Fernzüge und ein Viertel der Fahrgäste. «Störungen auf der Riedbahn strahlen maximal aus auf das ganze Netz», sagte Bahn-Vorstandsmitglied Berthold Huber. Nach der Generalsanierung bleibe der Abschnitt bis ins nächste Jahrzehnt von größeren Baumaßnahmen verschont.

Die sogenannte Riedbahn ist das erste Vorhaben der Generalsanierung der hochbelasteten Schienen-Korridore von 2024 bis 2030. Mit täglich rund 300 Zügen wird die Infrastruktur laut Huber nirgendwo stärker beansprucht als auf diesem Abschnitt. Mit der Sanierung werde dieser zum «Stabilitätsanker» für das gesamte Schienennetz. Auf den parallel geplanten Neubau einer Fernverkehrsstrecke zwischen Frankfurt und Mannheim hat das Vorhaben keine Auswirkungen, wie die Bahn deutlich machte.

Während der Sperrung sollen 1200 Anlagen der Leit- und Sicherungstechnik erneuert werden, 152 Weichen, vier Bahnübergänge und gut zehn Kilometer Lärmschutzwände. Zudem soll es neue Überholmöglichkeiten für Züge sowie eine Ausrüstung für den digitalen Bahnbetrieb geben. Auch 20 Bahnhöfe werden erneuert. Vorher will die Bahn die Umleitungsstrecken ertüchtigen. Sie kalkuliert mit Gesamtkosten der Generalsanierung allein für diese Strecke von etwa 500 Millionen Euro.

Die Generalsanierung ist aus Wissings Sicht eine Voraussetzung für den angestrebten Deutschland-Takt. Dieser sieht bis 2030 ein System mit besser abgestimmten Umsteigeverbindungen zwischen den Metropolen vor. Dafür gelte es nun, «eine Menge loser Fäden zusammenzuführen» – also eine weitere Digitalisierung von Stellwerken, Zugleittechnik und dem Kapazitätsmanagement für das Netz, Strecken-Modernisierungen und den Ausbau des Netzes. Dies dürfe nicht nebeneinander stehen, sondern solle künftig systematisch miteinander koordiniert werden.

Deutsche Industrie macht Druck auf Bahn

Wissing sagte: «Ich erwarte, dass die Bahn das Thema Verspätungen mit Nachdruck angeht.» Alle hätten verstanden, dass es so wie es ist, nicht bleiben könne. Auch die deutsche Industrie macht Druck auf Politik und Bahn für einen zügigen Ausbau der Schiene. «Immer mehr Unternehmen setzen auf eine immer nachhaltigere Logistik», sagte der Vize-Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Holger Lösch. Zusätzliche Kapazitäten im Schienennetz seien von immenser Bedeutung für die Industrie.

Aus der Wirtschaft hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder Kritik geben. Denn die vielen Baustellen im stellenweise überlasteten Schienennetz sorgen nicht nur dafür, dass sich so viele Personenzüge verspäten wie seit Jahren nicht. Zeitweise standen auch mehrere Hundert Güterzüge still. Mit der Generalsanierung will die Bahn Fern-, Güter- und Nahverkehr an hochbelasten Abschnitten auch stärker trennen und etwa Überholgleise bauen und Ausweichstrecken stärken.

Wissing äußerte sich zuversichtlich zu einem Folgeangebot für die ausgelaufenen 9-Euro-Tickets im Nahverkehr. Er sei «froh, dass wir bis Januar eine Anschlusslösung für das Ticket finden können und auch wollen.» Dazu stehen noch Verhandlungen mit den Ländern an. Berlin bekommt zuvor ein 29-Euro-Ticket für den Nahverkehr. Es soll von Oktober bis Dezember nur innerhalb der Stadt gelten und nur im Abo zu haben sein. Der Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) sprach sich am Donnerstag dafür aus.

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