Der tansanische Schriftsteller Abdulrazak Gurnah wurde mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Kirsty Wigglesworth/AP/dpa)

Der tansanische Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah hat die Rückgabe kolonialer Raubgüter an ihre Ursprungsländer klar befürwortet.

«Das sind Relikte kolonialer Plünderungen», sagte Gurnah am Freitag bei einer Pressekonferenz in London. «Aus moralischer Sicht ist es klar, dass sie zurückgegeben werden sollten.» Teilweise gebe es jedoch praktische Schwierigkeiten oder es gehe darum, dass Werke von Museen oder anderen Einrichtungen in westlichen Ländern entsprechend geschützt oder konserviert werden sollten.

In Deutschland hat die Debatte über die Rückgabe einst geraubter Kulturgüter aus früheren Kolonien in den vergangenen Jahren Fahrt aufgenommen. Der der deutschen Literaturwelt bislang weitgehend unbekannte Preisträger sieht dennoch viel Nachholbedarf. «Ich bin nicht sicher, dass Deutschland sich schon wirklich mit seiner kolonialen Vergangenheit auseinandergesetzt hat», so Gurnah. Zwar gebe es eine Debatte, aber auch der Widerstand habe zugenommen.

Gurnah wurde 1948 auf der Insel Sansibar geboren, die zu Tansania gehört, und kam als Flüchtling Ende der 1960er Jahre nach Großbritannien, wo er seither lebt. Er erhält den prestigeträchtigen Preis «für sein kompromissloses und mitfühlendes Durchdringen der Auswirkungen des Kolonialismus und des Schicksals des Flüchtlings in der Kluft zwischen Kulturen und Kontinenten», wie das Komitee bei der Bekanntgabe sagte. Tansania war jahrelang auch eine deutsche Kolonie.

An der südenglischen Universität Kent lehrte Gurnah viele Jahre Englische Literatur, die Küstenstadt Brighton ist seit langem sein Zuhause. Den Brexit und die Entwicklung Großbritanniens in den vergangenen Jahren betrachtet der Autor mit Sorge. «Ganz einfach, ich denke, es ist ein Fehler», sagte er. Aber es komme eben auf den Willen der Menschen an. Er mache sich Sorgen über die Kräfte hinter dem Votum, die ihre Hoffnungen auf Freiheiten setzen, die Großbritannien einst ohne die EU genossen habe. «Das hat etwas Nostalgisches, aber auch etwas von Selbstbetrug.»

Zur rigiden Migrationspolitik, die die britische Regierung seit dem EU-Austritt vertritt, sagte der einst selbst geflüchtete Gurnah: «Man hat neue Ankömmlinge, aber immer die gleiche alte Medizin.» Die heute in Großbritannien ankommenden Asylsuchenden sähen sich viel Feindseligkeit gegenüber. Es sei erstaunlich, wie die britische Innenministerin Priti Patel eine so harte Linie vertreten könne, obwohl ihre Familie selbst eine Einwanderungsgeschichte habe.

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