Die G7-Gruppe der führenden westlichen Industriestaaten erwägt nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Einrichtung eines größeren Aufbaufonds für die Ukraine. Die ukrainische Vizeregierungschefin Julia Swyrydenko, die beim Treffen der G7-Handelsminister im brandenburgischen Neuhardenberg zu Gast war, habe den Finanzbedarf für den Wiederaufbau der Ukraine mit 350 Milliarden Euro beziffert, sagte der Grünen-Politiker am Donnerstag. Deutschland hat derzeit den Vorsitz der G7-Gruppe, der auch Frankreich, Italien, Japan, Kanada, die USA und Großbritannien angehören. Habeck war deshalb Gastgeber.
«Es ist eine gigantische Summe, die sicherlich nicht nur mit öffentlichem Geld aufgebracht werden kann», sagte Habeck. Deswegen habe man auch über die Einrichtung eines Finanzinstruments oder Fonds gesprochen, der dieses Geld «hebeln» könne. Damit ist in der Regel gemeint, dass über die Absicherung durch öffentliche Mittel auch private Investitionen angezogen werden. Darüber müsse nun mit den Finanzministern und Zentralbanken gesprochen werden.
Weitere Unterstützung könnte möglich werden
EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis sagte am Rande der Beratungen zu den 350 Milliarden Euro, es gehe um «riesige Summen» angesichts der heftigen Zerstörung, die die russische Aggression in der Ukraine hinterlassen habe – «und diese Summen schließen die jüngsten Entwicklungen noch nicht ein». Mit der ukrainischen Gegenoffensive habe Russland begonnen, gezielt kritische Infrastruktur wie Kraftwerke oder Dämme zu zerstören. «Ich fürchte also, das ist nicht der endgültige Betrag.» Von der EU soll die Ukraine Hilfe in Höhe von neun Milliarden Euro zur Deckung laufender Kosten des Staates und etwa dem Betrieb von Krankenhäusern bekommen; das Geld ist zum Teil bereits ausgezahlt. Es sei gut möglich, dass noch weitere Unterstützung nötig sei, um die Zeit bis zu einem Wiederaufbau des Landes zu überbrücken, sagte Dombrovskis.
Landkarte der Investitionsmöglichkeiten
Die G7-Staaten streben laut Habeck auch «eine Art Landkarte der Investitionsmöglichkeiten» für die Ukraine an. Dazu sollten die jeweiligen Handelskammern ihre Erkenntnisse zusammenlegen und so ausländischen Firmen das Engagement in dem Land erleichtern.
Swyrydenko sagte, ihr Land kämpfe an zwei Fronten, der wirtschaftlichen und der militärischen. Es sei sehr wichtig, Investitionen in der Ukraine zu ermöglichen. Angesprochen auf deutsche Waffenlieferungen sagte Habeck: «Wir haben viel getan.» Die Bundesrepublik habe insbesondere Hochpräzisionswaffen geliefert. Es handle sich um einen laufenden Prozess, in dem mehr Waffen die Ukraine erreichen würden – in Abhängigkeit vom Kriegsverlauf.