Eine Patentlösung hat Wirtschaftsminister Robert Habeck noch nicht, aber zumindest die Skizze eines Plans.
Der Grünen-Politiker machte Mitarbeitern der PCK-Raffinerie Schwedt am Montagabend jedenfalls Mut: Trotz des geplanten EU-Ölembargos gegen Russland soll die Anlage mit rund 1200 Beschäftigten eine Zukunft haben. Und die aus Schwedt versorgten Tankstellen in Ostdeutschland sollen auch künftig Sprit bekommen.
Im Unternehmen stiften die Embargopläne der Europäischen Union aus zwei Gründen Unruhe: Die Raffinerie hängt bisher vollständig am russischen Öl – und sie hat einen russischen Betreiber, den Staatskonzern Rosneft. Zur Betriebsversammlung mit Habeck kamen die Beschäftigten so zahlreich, dass sie nach draußen verlegt wurde.
«Ich will Sie nicht verkackeiern»
Auf der Terrasse stieg Habeck mit dem Mikrofon in der Hand auf einen Tisch, um besser gehört zu werden. Und er schlug einen verständnisvollen Ton an: «Ich will Sie nicht verkackeiern und Ihnen auch nicht irgendwie den Himmel rosarot malen. Es kann sein, dass es an irgendeiner Stelle hakt, es kann sein, dass irgendwas nicht funktioniert.» Aber wenn sein Plan aufgehe, dann habe das Werk Zukunft und Perspektive.
Habeck sprach von drei Elementen, die zusammenkommen müssten: Die Vorbereitungen für neue Öllieferungen aus anderen Ländern über Schiffe via Rostock; Finanzhilfen des Bundes für mögliche Mehrkosten nach der Umstellung – denn das Öl aus anderen Quellen ist teurer; und eine mögliche Treuhandstruktur anstelle des bisherigen Betreibers Rosneft. «Wenn alles drei klappt, dann haben Sie eine Jobsicherheit für die nächste Zeit», versprach Habeck. «Wir brauchen Schwedt.»
Nach Habecks Vorstellungen soll Tankeröl in Rostock und Danzig angelandet und über Pipelines in die riesige Anlage an der deutsch-polnischen Grenze gebracht werden. Langfristig könnte sich PCK dann weiterentwickeln hin zu Wasserstoffen – denn wegen der Klimawende sei ja ohnehin eine Abkehr von fossilen Brennstoffen nötig, sagte Habeck.
Die brandenburgische Landesregierung befürchtet allerdings, dass die Lieferungen für Schwedt aus neuen Quellen nur bis zu 70 Prozent der bisherigen Leistung ausmachen würden. Beim Termin mit Habeck in Schwedt forderte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD): «Die Versorgung muss funktionieren. Wir reden hier über kritische Infrastruktur.» PCK-Chef Ralf Schairer versicherte: «Wir tun alles, um unseren Weiterbestand zu sichern.»
Die Belegschaft hörte sich Habecks Rede in Ruhe an. Anschließend gab es aber einige kritische Stimmen. Eine Mitarbeiterin forderte, die Druschba-Pipeline, die Schwedt mit russischem Öl versorgt, aus dem geplanten EU-Embargo herauszunehmen. «Es wird nicht funktionieren.»
Ein Beschäftigter, der seit 27 Jahren bei PCK ist, nannte die Entscheidung falsch, aus «political correctness» auf russisches Öl zu verzichten. Hintergrund für die EU-Sanktionen ist allerdings der verheerende russische Angriffskrieg in der Ukraine. Habeck hielt dagegen, dass das Embargo mit großer Sicherheit komme. Der Belegschaft rief der Minister zu: «Wenn Sie eine bessere Idee haben – her damit.»
Riesige Anlage schon von weitem zu sehen
Wie sehr die Raffinerie die Stadt Schwedt mit ihren 30.000 Einwohnern prägt, wird bei einem Besuch sofort klar: Schon von weitem ist die riesige Anlage zu sehen. Die Stadt in der Uckermark ist mit PCK und den Papierwerken ein großer industrieller Standort in Brandenburg. Das Stadtzentrum wurde im Zweiten Weltkrieg zu 85 Prozent zerstört. Das Stadtbild wird zwar auch von zahlreichen Plattenbauten geprägt, aber die Altstadt mit sehenswerten Kirchen und stillen Plätzen ist liebevoll saniert. Ganz in der Nähe beginnt Polen: Die Nationalparkstadt liegt an der Oder.
Für die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie ist das Wichtigste, die Zahl der Beschäftigten bei PCK mindestens zu erhalten. «Von denen darf definitiv keiner auf der Strecke bleiben», sagte IGBCE-Bezirksleiter Rolf Erler der Deutschen Presse-Agentur.