Es ist eine Änderung, die nicht allen in den Kram passt, aber viele entlasten soll: Ab 2025 sollen sich die Hersteller von Plastikprodukten an den Kosten für die Entsorgung des Mülls beteiligen, der durch achtloses Wegwerfen täglich in der Umgebung landet. Ein Umbruch ist das, denn bislang mussten die Kommunen diese Kosten alleine schultern. Der Widerstand der Industrie ist naturgemäß groß. Doch worum geht es eigentlich genau? Ein Überblick:
Wofür die Hersteller mitbezahlen sollen
Ob in Parks, Straßen oder Wäldern: Zu oft landen Plastikbecher, Zigarettenkippen und Behälter für Speisen einfach in der Umgebung. Für die Entsorgung sind dann die Kommunen zuständig – die Kosten dafür tragen sie bislang alleine. Das soll sich mit dem Gesetz ändern, das das Bundeskabinett an diesem Mittwoch beschlossen hat. Es sieht vor, dass die Produkthersteller ab 2025 jährlich in einen Fonds einzahlen sollen – den sogenannten Einwegkunststofffonds. Aus diesem Fonds können Kommunen dann Mittel abschöpfen und so die Entsorgung des Plastikmülls finanzieren.
Das Gesetz sieht ebenfalls vor, dass die Kommunen aus dem Fonds zusätzliche Ausgaben im Zusammenhang mit der Entsorgung, etwa für Aufklärungskampagnen, geltend machen können. Zu den betroffenen Produkten gehören etwa Zigaretten mit plastikhaltigen Filtern, Getränkebehälter aus Plastik und Luftballons.
Die Höhe der Abgaben
Die Hersteller sollen erstmals im Frühjahr 2025 in den Fonds einzahlen – so steht es im Gesetz, das der Bundestag in den kommmenden Wochen beschließen soll. Basis für die Beiträge ist dann die im Kalenderjahr 2024 in Verkehr gebrachte Produktmenge. Die konkrete Höhe steht aber derzeit noch nicht fest. Im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) werden die Beiträge noch ermittelt. Eine im Gesetz vorgesehene neue Kommission soll bei der Festlegung beraten. Auch das Auszahlungssystem an die Kommunen ist noch in Arbeit. Spätestens im Frühjahr soll es laut Umweltministerium Klarheit über diese Fragen geben – dann soll auch der Gesetzesprozess abgeschlossen sein. Nach ersten UBA-Schätzungen belaufen sich die jährlichen Einnahmen des Fonds auf bis zu 450 Millionen Euro.
Hersteller fühlen sich übergangen
Alles andere als begeistert sind die Hersteller, die sich nicht mitgenommen fühlen. In einer Stellungnahme machen sieben Industrieverbände ihrem Ärger Luft und argumentieren, dass der Fonds «zur Unzeit» komme. In der derzeitigen Energie- und Kostenkrise müsse die Politik von unnötigen Belastungen absehen. Zu den Unterzeichnern gehören etwa der Handelsverband Deutschland (HDE) und die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie.
Sie monieren auch, dass das UBA die künftigen Beiträge festlegen soll und die Kostenfrage nicht den Herstellern selbst überlässt. Auch die Unsicherheit zur Abgabenhöhe verärgert die Industrie. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) hat sich dem Schreiben zwar nicht angeschlossen, äußert aber ebenfalls Kritik. BDE-Chef Peter Kurth verweist auf die Gefahr, dass künftig Gelder aus dem Fonds «nicht konsequent bestimmungsgemäß eingesetzt» werden könnten.
Wie die kommunalen Entsorger reagieren
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der die kommunalen Entsorger und Stadtreiniger vertritt, begrüßt den Fonds als «wichtigen Meilenstein». Die Stadtreinigung habe zunehmend damit zu kämpfen, dass gebrauchte Produkte einfach weggeworfen würden, sagt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. «Ohne die Beteiligung der Hersteller müssten die Bürgerinnen und Bürger allein für die Entsorgung aufkommen – ob durch höhere Abgaben oder Zuschüsse aus ihren Steuermitteln.» Es sei nur gerecht, dass nun auch die Unternehmen ihren Teil übernehmen sollen.
Herstellerverantwortung auch für andere Produkte?
Bislang beschränkt sich der Fonds auf Produkte aus Einwegkunststoff, also aus Plastik. Das geht dem VKU nicht weit genug. Häufig fänden sich neben Plastik auch Pizzakartons, Aluminiumschalen und Kaugummis, betont VKU-Chef Liebing. Die Politik müsse den Fonds deshalb perspektivisch zu einem Fonds gegen Vermüllung weiterentwickeln.
Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) betont indes den Mehrwert des bereits Erreichten. Zwei Jahre lang habe man an diesem Gesetz gearbeitet, nun werde endlich die entsprechende EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Die Kritik der Hersteller, dass der Fonds «zur Unzeit» komme, weist sie deutlich zurück. Die Hersteller müssten erst 2025 zahlen, sagt Lemke. Das berücksichtige derzeitige Belastungen. Aber eins macht sie ebenfalls sehr deutlich: Ausnahmen und Hintertüren soll es nicht geben.