Die Manager von Genting sprechen auf der MV Werft in Wismar mit der Presse. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Frank Hormann/dpa-Zentralbild/dpa)

In den festgefahrenen Verhandlungen über die Zukunft der MV Werften sieht der Eigentümer des Werftenverbundes den Bund am Zug.

Der Präsident von Genting Hongkong, Colin Au, und der Geschäftsführer der Werften-Gruppe, Carsten Haake, äußerten am Sonntag Unverständnis über das Vorgehen der Bundesregierung. Au appellierte an die verantwortlichen Politiker, ihre ablehnende Haltung zu überdenken: «Es geht um Tausende Familien.» Zusätzlich sei eine ganze Branche samt Zulieferer in In- und Ausland bedroht. «Die Werften jetzt fallen zu lassen, wäre der größte ökonomische Fehler, den die Bundesregierung machen könnte», betonte Au.

Die Bundesregierung ringt seit Tagen mit dem asiatischen Eigentümer um die Rettung der angeschlagenen MV-Werften mit mehr als 1900 Arbeitsplätzen. Der Bund ist dem Vernehmen zu einem Rettungspaket und weiteren Hilfen bereit, wollte bisher aber nicht von seiner Forderung nach einem Eigenbeitrag des Eigentümers abrücken. Es fehle ein klares Bekenntnis der Eigentümer zu ihrer Werft, hieß es zuletzt.

Die Bundesregierung hatte schon vor Weihnachten einen Vorschlag zur Rettung der angeschlagenen Werften in Mecklenburg-Vorpommern und Bremerhaven vorgelegt. Konkret sollte das riesige Kreuzfahrtschiff «Global Class 1» mit rund 600 Millionen Euro aus dem staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds fertig gebaut werden. Im Gegenzug verlangte das Wirtschaftsministerium nach dpa-Informationen einen Eigenbeitrag des Eigentümers von 60 Millionen Euro. Als Sicherheit für die Finanzspritze des Bundes sollte das Schiff verwendet werden. Auch die Landesregierung ist zu einer Finanzspritze bereit.

Die neue maritime Koordinatorin der Bundesregierung, Claudia Müller (Grüne), betonte am Sonntagabend, die Bundesregierung sei bereit, umfassend zu helfen. Das klare Angebot, den Fertigbau der Global Class 1 mit 600 Millionen Euro zu unterstützen, stehe weiterhin. «Wir appellieren an die Eigentümer, einzulenken und einen angemessenen Eigenbeitrag zu leisten, um so gemeinsam alles zu tun, um die mehr als 1900 Arbeitsplätze zu retten.»

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) appellierte an die Werften-Gruppe, die Verhandlungen fortzusetzen. «Das Verhandlungsangebot des Bundes liegt auf dem Tisch», sagte er am Sonntag. Es sei im Interesse der Landesregierung, der Beschäftigten und des Schiffbaus, die Werftenstandorte zu erhalten. «Das Schwarze-Peter-Spiel, wer hat wann was gesagt, bringt uns nicht weiter», sagte Meyer.

Genting hatte die Werften in Rostock, Wismar und Stralsund 2016 als Reaktion auf den damals boomenden Kreuzfahrt-Markt erworben, um dort für konzerneigene Reedereien Schiffe bauen zu lassen. Doch mit dem Einbruch der Branche infolge der Corona-Krise geriet der asiatische Mutterkonzern in Schwierigkeiten, die bis heute anhalten.

Haake warf dem Bund vor, die aktuelle Problematik verursacht zu haben, indem die Auszahlung von Geldern beim Bau des rund 1,5 Milliarden Euro teuren Schiffes Global Dream beim Erreichen eines Bau-Zwischenstandes, dem sogenannten Meilenstein F, im vergangenen Dezember blockiert worden sei. Dem Bund sind Haake zufolge die Risiken für den Fertigbau des Schiffes aufgrund der Entwicklung in der Kreuzfahrtbranche zu groß.

Au betonte, «in Asien ist die Kreuzfahrtbranche wieder gestartet und arbeitet profitabel.» Genting habe die Werften ausschließlich mit dem Ziel übernommen, Kreuzfahrtschiffe zu bauen. Es dürfe auch nicht vergessen werden, dass Genting seither mehr als zwei Milliarden Euro in die MV-Standorte aus eigener Tasche investiert habe, die Zahl der Mitarbeiter sei verdoppelt worden. «Ohne Covid-19 hätten wir die Regierung nie um einen Euro gefragt.» Aus Sicht von Au ist es mehr als wahrscheinlich ist, dass die Corona-Pandemie im Frühjahr nachlassen wird. Der Übergang zur Normalität und damit auch die Rückkehr der Kreuzfahrtindustrie stehe an.

Haake geht davon aus, dass sich die Bundesregierung aktuell nicht bewegen wolle und sich Genting nicht bewegen könne. Genting könne keine weiteren Kompromisse mehr machen. «Wir haben uns abgearbeitet an den Auflagen des Bundes», sagte er. Vier Vorschläge Gentings seien vom Bund abgelehnt worden.

Die Chefin des Gesamtbetriebsrats, Ines Scheel, sagte, sie habe nach den Gesprächen der vergangenen Woche die Hoffnung auf ein Überleben von MV Werften fast aufgegeben. Sie habe mehrfach alle Beteiligten bei Bund und Land aufgefordert, sich noch einmal an den Tisch zu setzen. Nach ihrer Darstellung hat sich in den vergangenen Wochen keiner der verantwortlichen Politiker von Bund und Land auf den Werften sehen lassen. «Wir haben Briefe an den Bundeskanzler, die Bundesministerien und die Landesregierung geschrieben und keine Antworten bekommen», kritisierte sie.

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