Der ukrainische Schriftsteller Bohdan Pankruchin und der russische Regisseur und Autor Kirill Serebrennikow haben am Samstagabend «Der Wij», inspiriert von der gleichnamigen Erzählung Nikolai Gogols, in der Studiobühne des Hamburger Thalia Theaters zur Uraufführung gebracht.
Das Autorenduo nutzt den Klassiker der phantastischen Literatur als Rahmen, um schonungslos von der Wirklichkeit des Krieges zu erzählen, basierend auf realen Erfahrungen und Texten aus dem aktuellen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Ein zum Töten abkommandierter Russe wird in einem Keller in der Ukraine gefangen gehalten. Dort überlegen ein Großvater und seine drei Enkel, was mit ihm zu tun sei. Beklemmend spielen Serebrennikow und sein internationales Team aus deutschen, ukrainischen und russischen Schauspielerinnen und Schauspielern die Schrecken von Folter, Erniedrigung, Todesangst und Zwang zum Töten durch.
Hier liest nicht wie bei Gogol ein Philosophiestudent einem kranken Mädchen die Sterbegebete vor, hier wird der Soldat angehalten, die verstorbene Tochter des Hauses mit Hilfe von Shakespeares «Romeo und Julia» ins Leben zurückzuholen. Der titelgebende «Wij», ein Erdgeist, dessen Blick zum sofortigen Tode führt, wird zur eindringlichen Metapher der Vernichtung – und der Abend zu einem klaren Statement gegen den Krieg.
Vor dem Theater protestierten rund 20 Demonstranten gegen die Uraufführung, in der sie russische Propaganda sahen.